Zivis sollen künftig sechs Monate länger arbeiten dürfen

Freiwillig länger?

Der Zivildienst ist um, doch bis die Ausbildung oder das Studium beginnt, dauert es oft noch ein paar Monate. Diese Zeit sollen die Zivis künftig noch bei ihrer Zivildienststelle verbringen dürfen. Das berichtet die "Bild"-Zeitung. Mindestens das gleiche Geld soll es auch geben. Die Planung verbessere sich für die Zivieldienstleistenden und die Einrichtungen, freut sich Michael Bergmann von der Caritas im domradio-Interview über den Gesetzentwurf.

 (DR)

Zivildienstleistende sollen ihren neunmonatigen Dienst künftig freiwillig um bis zu sechs Monate verlängern können. Das plane Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU), berichtet die "Bild"-Zeitung. Danach sollen die Zivis nach dem Vorbild der Wehrpflichtigen bei der Bundeswehr länger dienen können. Sie sollen in dieser Zeit mindestens ihren normalen Sold, Sozialbeiträge und Fahrtkosten erhalten. Die jeweiligen Anbieter des Zivildienstplatzes sollen den Sold aber auch freiwillig aufstocken können.

Der Bundesbeauftragte für den Zivildienst, Jens Kreuter, bestätigte der Zeitung die Pläne: "Wir wollen den Zivildienstleistenden die Chance geben, ihre Dienstzeit zum Beispiel bis zum Beginn eines Studiums oder einer Ausbildung zu verlängern, um damit Lücken in ihrer Biografie zu vermeiden und sich weiter zu qualifizieren", sagte er.

Die Verlängerung soll nur zu Stande kommen, wenn beide Seiten sie wollen und zustimmen. Der Zivildienstleistende soll mit einer Frist von einer Woche jederzeit kündigen können, so dass ihm eine Umorientierung oder die Annahme einer anderen Arbeit möglich bleibt.

Sommerloch vermeiden
Auch die Anbieter von Zivildienststellen könnten profitieren. Viele haben große organisatorische Probleme, seit der Zivildienst auf 9 Monate verkürzt wurde. Ein Zivi, der einen behinderten Menschen betreue, sei neun Monate da, und dann sei drei Monate niemand da, beschreibt die Caritas NRW das Problem. "Eine freiwillige Verlängerung des Zivildienstes könnte die Probleme vieler Einrichtungen mit der kurzen Dienstzeit entschärfen", so  Helga Roesgen, Präsidentin des Bundesamtes für den Zivildienst.

Wenn die Abiturienten im Mai ihr Abitur machen und dann in den Sommermonaten ihren Dienst beginnen, sind sie natürlich im Frühsommer des darauffolgenden Jahres fertig mit ihrem Zivildienst. "Dann verzeichnen wir ein nicht unerhebliches Sommerloch.",  erläutert Helga Roesgen die aktuellen Probleme der Einrichtungen.

Kritik von Kriegsdienstverweigerern und den Grünen
Die Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer (ZKDV) lehnte die Pläne ab. Zivildienst sei nicht dazu da, reguläre Arbeitsverhältnisse im sozialen oder ökologischen Bereich zu ersetzen. Nach Ansicht der ZKDV kann eine Weiterbeschäftigung von Zivis in tarifrechtlich geregelten Arbeitsverhältnissen erfolgen.

Der Rechtsrahmen des Zivildienstes orientiere sich an Befehl und Gehorsam und sehe zum Beispiel Freiheitsstrafen für unentschuldigtes Fernbleiben vor, erläuterte die Zentralstelle in Bockhorn. Solche Vorgaben hätten in freiwillig eingegangenen Arbeitsverhältnissen im sozialen Bereich nichts zu suchen. Zudem sieht die Zentralstelle das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes verletzt, da Zivildienstleistende anders als die Wehrdienstleistenden keinen Wehrsoldzuschlag für die Verlängerungsmonate erhalten sollen.

Reguläre Beschäftigung anstreben
Die Grünen warnten davor, Zivildienstleistende könnten mit einem längeren Dienst reguläre Beschäftigungsverhältnisse verdrängen. Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) wolle durch die Aufweichung der Trennung zwischen Zivildienst und regulärem Arbeitsmarkt einen ersten Schritt hin zu einem allgemeinen Pflichtdienst, so der jugendpolitische Sprecher Kai Gehring.

Falls eine Einrichtung den Einsatz eines Zivildienstleistenden verlängern wolle, solle sie dies unter fairen tarifvertraglichen Bedingungen tun. Gehring verwies auch darauf, dass derzeit nur rund 40 Prozent der jungen Männer eines Jahrgangs zum Wehr- oder Zivildienst herangezogen werden.