Ärzte drängen auf Neuregelung für Spätabtreibungen

Beratung soll Pflicht werden

Die Bundesärztekammer verlangt eine rasche Änderung der Regelungen zur Spätabtreibung. Präsident Jörg-Dietrich Hoppe erklärte am Samstag in Berlin, die Politik wisse um die Probleme, die mit der Neufassung des Abtreibungsrechts 1995 entstanden seien. Sie sei aber offenbar bislang zu feige, diese zu lösen. Dabei gehe es nicht um eine neue Generaldebatte über den Paragrafen 218a StGB, sondern nur um eine Ergänzung.

 (DR)

Als Spätabtreibungen gelten Schwangerschaftsabbrüche, die nach der 23. Woche vorgenommen werden. Bisher kann ohne Einhaltung von Fristen und ohne Beratung bei einer zu erwartenden Behinderung eines Kindes ein Abbruch vorgenommen werden. Die Ärztekammer und die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe fordern eine medizinische Beratungspflicht sowie das Angebot einer psychosozialen Beratung. Ferner sollten zwischen Diagnose und Eingriff mindestens drei Tage liegen. Den Eingriff dürfe aber nicht der beratende Arzt vornehmen.

Der Zeitpunkt für die Definition einer Spätabtreibung sollte sich nach Ansicht der Ärzte an der Lebensfähigkeit des Kindes außerhalb des Mutterleibes orientieren, also individuell flexibel um die 22. bis 23. Schwangerschaftswoche liegen. Zudem treten die Mediziner für eine bessere statistische Erfassung der Fälle ein. Hoppe wies Forderungen aus der Politik zurück, Spätabtreibungen über das ärztliche Berufsrecht zu regeln. Dies sei nicht hinreichend verbindlich.

Nach Hoppes Angaben kommt es jährlich im Schnitt zu 180 Spätabtreibungen in Deutschland. Dabei werde dem Kind in der Gebärmutterhöhle eine tödliche Injektion verabreicht, damit es als Totgeburt zur Welt komme.

Seit vielen Jahren streitet die Politik um eine Änderung der Rechtslage. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte Anfang Dezember auf dem CDU-Parteitag eine Reform gefordert. Auch der SPD-Vorsitzende Kurt Beck hatte für eine Neuregelung noch in dieser Legislaturperiode plädiert. Bislang konnten sich Union und SPD aber nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen.

Die Union hatte bereits in der vorigen Legislaturperiode einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach eine Behinderung allein kein Grund für eine Spätabtreibung sein dürfe. Im Paragrafen 218a StGB sollten nach dem Willen der Union eine Beratungspflicht bei vorgeburtlichen Diagnosen und eine dreitägige Bedenkzeit zwischen Diagnose und Abbruch festgelegt werden. Der Paragraf selbst soll nach Unionsvorstellungen nicht geändert werden.