Diskussion über aktive Sterbehilfe in Frankreich hält an

Lösung für fünf Prozent der Todkranken

In Frankreich hält die Diskussion über die Zulassung aktiver Sterbehilfe an. Politiker aus Regierung und Opposition sowie Mediziner forderten, Ausnahmeklauseln für das bislang geltende Verbot lebensbeendender Maßnahmen zuzulassen. Hintergrund ist der Fall einer unheilbar kranken 52-Jährigen, die vergeblich bei Gericht um Erlaubnis für aktive Sterbehilfe nachgesucht hatte.

 (DR)

Außenminister Bernard Kouchner und die neue Familien-Staatssekretärin Nadine Morano sprachen sich am Mittwoch in Rundfunkinterviews für Ausnahmen vom Sterbehilfe-Verbot aus. Kouchner sagte, es sei sehr schwer, der Patientin nicht einen Ausweg anbieten zu können. Der frühere Gesundheitsminister nannte eine Ausnahme vom Euthanasie-Verbot «nötig und menschlich». Morano warb für die Einrichtung einer landesweiten Kommission, die in Einzelfällen aktive Sterbehilfe genehmigen könne. Auch der sozialistische Abgeordnete Gaetan Gorce plädierte für eine entsprechende Behörde.

Arzt für Ausnahmen in Extremfällen
Der Arzt der Patientin, Emmanuel Debost, befürwortete in der Tageszeitung «Le Monde» (Mittwoch) Ausnahmen vom Sterbehilfe-Verbot in Extremfällen. Er räumte ein, dass 95 Prozent aller Patienten ihre Bitte um aktive Sterbehilfe zurückzögen, wenn sie eine angemessene sterbebegleitende Behandlung erhielten. Dennoch blieben fünf Prozent der Fälle, für die es eine Lösung brauche.

Der Arzt sollte am Mittwoch mit einem hochrangigen Expertengremium zusammentreffen, um Auswege und Behandlungsmöglichkeiten für seine Patientin zu erörtern. Das Treffen hatte Staatspräsident Nicolas Sarkozy vorgeschlagen. Die in Burgund lebende Patientin selbst reist nicht nach Paris, weil sie nicht transportfähig sei.

Extrem seltene Tumor-Erkrankung
Die betroffene Patientin leidet an einer extrem seltenen Tumorerkrankung, die unheilbar ist und erhebliche Entstellungen im Gesicht verursacht. Die Krankheit verursache unerträgliches und grausames Leiden, erklärte die Frau Ende Februar im Fernsehen. Ihr Schicksal löste landesweit Betroffenheit aus.

Frankreich hat 2005 ein Gesetz zur Sterbehilfe verabschiedet. Danach bleibt aktive Sterbehilfe weiter eine Straftat; präzise Regelungen enthält es aber für Fälle, in denen eine Behandlung unheilbar Kranker eingestellt wird. Ärzte dürfen die Behandlung einstellen oder begrenzen, wenn der Patient dies wünscht.