Vatikan: Erklärung zur neuen Fürbitte für die Juden

Voller Respekt

Im Streit über das neue katholische Karfreitagsgebet für die Juden hat die katholische Kirche ihre Hochschätzung für das Judentum betont. Diese sei durch die neue Karfreitagsfürbitte nicht verändert worden, berichtete Radio Vatikan mit Bezug auf eine am Freitag verbreitete Erklärung des vatikanischen Staatssekretariats. Die katholische Kirche verwerfe weiterhin jeden Antisemitismus und jede Diskriminierung der Juden. Das Gebet war als Aufruf zur Bekehrung der Juden zum christlichen Glauben interpretiert worden.

 (DR)

Der vorläufige Abschluss der Diskussion um die neue Karfreitags-Fürbitte war knapp und in der Form ungewöhnlich. Mit einem knapp 30 Zeilen langen «Kommunique des Staatssekretariats» reagierte der Vatikan auf den Unmut und die Enttäuschung, die nach der Neufassung des Gebets für die Juden in dem außerordentlichen Kirchen-Ritus entstanden war. Es stellt in nüchterner Form klar: dass sich die Haltung der katholischen Kirche zum Judentum in keiner Weise geändert habe; dass das Zweite Vatikanische Konzil und seine Erklärung «Nostra aetate» von 1965 weiterhin verbindliche Richtschnur bleibe; dass Benedikt XVI. voll dahinter stehe und sie als «Meilenstein» für die christlich-jüdische Aussöhnung verstehe; und dass die seit dem Konzil entstandenen Beziehungen von Hochachtung, Dialog, Liebe, Solidarität und Zusammenarbeit weiter wachsen mögen.

Ein persönliches Erklärungsschreiben des vatikanischen Kardinal-Staatssekretärs Tarcisio Bertone, wie zunächst vermutet wurde, blieb aus. Es gab auch keine Entschuldigung des Papstes an die jüdische Welt, wie sie manche gefordert hatten. Erst recht keine Rücknahme oder erneute Modifizierung der umstrittenen Gebetsformel.

Und auch keine inhaltliche Erläuterung, wie sie zuvor der im Vatikan für die Beziehungen zum Judentum zuständige Kurienkardinal Walter Kasper ausführlich dargelegt hatte. Vielmehr beschränkte sich der Vatikan auf die offizielle Feststellung, dass sich an den Grundlagen der seit 40 Jahren gewachsenen Beziehungen nichts geändert habe.
Insbesondere reagierte er damit auf Erwartungen des Jerusalemer Groß-Rabbinats.

Die Erklärung signalisiert, dass der Vatikan die Unruhe um die neue Karfreitagsfürbitte sehr ernst nimmt; dass er Missverständnisse vermeiden möchte, dass aber der Inhalt der neuen Fürbitte nicht zur Disposition steht. Schon Kasper hatte in Interviews und in einem richtungsweisenden FAZ-Beitrag deutlich gemacht, dass die neue Fürbitte - anders als der nachkonziliare Karfreitags-Text von 1970 - den grundlegenden Unterschied von Christentum und Judentum ausdrücklich thematisiere: Dass nämlich nach katholischer Lehre Jesus Christus der Erlöser aller Menschen sei. Dies sei nicht neu, sondern gehöre zum Kern der christlichen Lehre. Es stehe so im katholischen Katechismus und müsse daher auch im Gebet vorgetragen werden dürfen.

Zugleich stellte Kasper klar, dass die katholische Kirche - anders als evangelikale Gruppen - keine systematische Judenmission betreibe. Auch die neue Karfreitagsfürbitte erwarte das Heil für Israel nicht aufgrund von Mission unter den Juden, sondern am Ende der Zeiten, wenn alle anderen Völker ins Heil eingetreten seien. Das bedeutet laut Kasper jedoch nicht, dass Christen «die Hände in den Schoß legen sollten». Sie sollten vielmehr im Dialog mit Juden ebenso Zeugnis von ihrem Glauben an Christus ablegen, wie sie von den Juden Zeugnis für deren Glauben erwarteten.

Die Erklärung lässt aber auch erkennen, dass trotz schlimmer Befürchtungen einiger Rabbiner und katholischen Theologen die Kontakte zwischen Juden und Christen weitergehen. Bereits Mitte März tagte eine internationale Dialog-Kommission in Rom. Die jetzige Klarstellung sollte weitere Vorbehalte ausräumen, hofft man in der römischen Kurie. Als Bestätigung der guten Kontakte bezeichnet man im Vatikan die geplanten Begegnungen des Papstes mit jüdischen Vertretern bei der bevorstehenden USA-Reise des Papstes. Ein Treffen in Washington sowie ein Besuch in der New Yorker Park-East-Synagoge wurden nun nachträglich ins Programm eingeschoben. Beide Begegnungen geben Benedikt XVI. Gelegenheit, in Worten und Gesten Mutmaßungen über eine von manchen befürchtete neue Eiszeit zwischen Judentum und katholischer Kirche zu zerstreuen.