Diözesantag im Erzbistum Köln sucht neue Form für Ehrenämter in Gemeinden

"Von der Last der Gremienarbeit befreien"

So viele Fachleute hat ein katholischer Diözesantag selten
gesehen: Gut 25 Experten aus Kirche, Wissenschaft und Wirtschaft traten am Wochenende auf die Bühne der Kölner Balloni-Hallen und sprachen im modern gestalteten Ambiente des puristischen Fabrikgebäudes über Muslime und Buddhisten, das Bild der Kirche in der Gesellschaft oder neue Formen der Missionierung. Doch die 450 Teilnehmer, Ehrenamtliche aus der gesamten Erzdiözese Köln, interessiert vor allem eins: das Gespräch mit der Bistumsleitung zur Zukunft ihrer Gemeinden.

Autor/in:
Viola van Melis
 (DR)

Das Erzbistum befindet sich wie viele deutsche Diözesen in einem gravierenden Umstrukturierungsprozess. Es rechnet in zehn Jahren mit einem Drittel weniger Priestern. Auch die Zahl der Katholiken ist rückläufig. Der Titel des Reformprojekts: "Wandel gestalten - Glauben entfalten. Perspektive 2020". Dabei werden die Seelsorgebereiche von 221 auf 180 reduziert. Die Gemeinden können - je nach Wunsch - fusionieren oder Pfarreien-Gemeinschaften gründen. Jede Einheit erhält einen Pfarrgemeinderat (PGR). 180 statt 600 Räte wird es noch geben.

Die Reduzierung bereitete vielen der 20.000 Männer und Frauen in den Räten in den vergangenen Monaten Sorgen. Manch einer schien sich beinah auf die Straße gesetzt zu fühlen, als Kardinal Joachim Meisner die Pläne verkündete. Seither wurden der Erzbischof und Generalvikar Dominik Schwaderlapp nicht müde zu erläutern, dass sie keine Ehrenamtlichen aus Ämtern drängen, sondern sie gerade von der Last der Gremienarbeit befreien wollen. Meisner schwebt eine "missionarische Kirche" vor, die sich stärker geistlichen Inhalten widmen kann.

Keine erhitzten, sondern sachliche Debatten
Die Botschaft scheint angekommen: Keine erhitzten, sondern sachliche Debatten prägten den Diözesantag. In Workshops mit dem Generalvikar und anderen Seelsorgern wurde wenig geklagt, dafür viel über praktische Fragen gesprochen. Welchen Namen soll ein Seelsorgebereich bekommen, der aus vier oder fünf Gemeinden entsteht? Wer entscheidet, wenn Gemeinden sich nicht einig werden, ob sie besser fusionieren oder eine Pfarreien-Gemeinschaft bilden? Und vor allem: Wie und wo können sich Ehrenamtliche engagieren, wenn sie nicht mehr im PGR sitzen?

Schwaderlapp kündigte eine neue Satzung zum Thema PGR für den Frühsommer an und erhält viel Applaus. Danach sollen die Katholiken "viel Freiheit" bei der Neuordnung ihrer Laienvertretungen erhalten, verspricht er. "Wir wollen, dass das Engagement auf Ortsebene gewahrt bleibt." Die Diskutanten griffen Anregungen des Generalvikars auf und spannen die Ideen weiter: Wer nicht mehr im Pfarrgemeinderat sitzt, könnte Patenschaften für bestimmte Projekte oder Kirchengebäude übernehmen. In den früher selbstständigen Gemeinden könnten sich Sachausschüsse zu bestimmten Themen wie Umwelt, Frieden oder Jugendarbeit gründen.

"Wir können es zu einer Kirche im Aufbruch werden lassen"
Welches Modell passe, könnten die Katholiken am besten vor Ort entscheiden, so Schwaderlapp, weil sie die dortige Situation gut kennen würden. Das Generalvikariat werde auf der Suche nach neuen Formen gern beraten, bot der Verwaltungschef an. Er weiß, dass die Bistumsleitung den Ehrenamtlichen viele Neuerungen und einiges an Arbeit abverlangt.

So setzte der Kardinal am Ende des Tages einen geistlichen Schlusspunkt, der manchem im Saal Mut machen dürfte: Im Christentum gehe es nicht zuerst um Strukturen und Aktionen, sondern darum, den Glauben im Alltag zu bezeugen. Dazu brauche man auch "keine komplette Theologie". Es reiche manchmal, einem anderen Menschen zuzuhören. Ein so verstandenes Christentum werde das Erzbistum verändern, rief der Kardinal. "Wir können es zu einer Kirche im Aufbruch werden lassen."