Kirchen bekräftigen Forderung nach Aufnahme von Irakern - Merkel hat keine Sicherheitsbedenken

"Für uns Christen sind alle Menschen gleich"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat keine Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Aufnahme irakischer Flüchtlinge in Deutschland. Einen Tag vor der EU-Ministerkonferenz zu diesem Thema wandte sich die Kanzlerin damit am Mittwoch in Berlin gegen Vorbehalte vor allem aus Niedersachsen. Die beiden großen Kirchen in Deutschland appellierten eindringlich, eine großzügige Regelung zu treffen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) will sich bei seinen Amtskollegen in Brüssel erneut dafür einsetzen, besonders verfolgte Angehörige religiöser Minderheiten in der EU anzusiedeln.

 (DR)

Nach Angaben von EU-Diplomaten in Brüssel wird der Appell der Minister religiöse Minderheiten offenbar nicht ausdrücklich erwähnen. Ziel sei es, besonders schutzbedürftige Personen aus dem Irak aufzunehmen. Dies solle auf freiwilliger Basis erfolgen. Hauptziel bleibe die Normalisierung der Lage im Irak, um eine Rückkehr der Flüchtlinge zu ermöglichen.

Besondere Bedrohung der Christen
Auch Merkel zeigte Verständnis dafür, dass der Irak auf die Rückkehr möglichst vieler Flüchtlinge setze. Sie verwies auf die Ankündigung des irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki, angesichts der verbesserten Sicherheitslage im Irak in den kommenden 60 Tagen ein Rückkehrprogramm für Flüchtlinge zu starten.

Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick, sagte im Deutschlandfunk, Christen seien durch radikale Islamisten über den Bürgerkrieg hinaus spezifisch bedroht. Zugleich betonte er, Flüchtlingen müsse unabhängig von ihrem Glauben geholfen werden. Wenn es aber darum gehe, wo sie am Besten untergebracht würden, müsse besonnen nachgedacht werden.
Dabei seien christliche Flüchtlinge in christlichen Ländern besser aufgehoben als muslimische.

Religionsfreiheit garantieren
Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Prälat Stephan Reimers, rief zu einem «gemeinsamen Zeichen der Solidarität» auf. Sollte eine EU-weite Lösung nicht zustande kommen, sei Deutschland dennoch in der Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen. Wichtig sei auch finanzielle Hilfe für die Aufnahmestaaten in der Region, darunter Syrien und Jordanien.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) mahnte ebenfalls eine rasche EU-Einigung zugunsten der Flüchtlinge an. Religiöse Minderheiten, insbesondere Christen, würden diskriminiert und verfolgt und hätten derzeit keinerlei Lebensperspektiven, erklärte das ZdK in Bonn. Der Minderheitenschutz und die Durchsetzung der Religionsfreiheit müssten Priorität haben.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, übte Kritik an einer möglichen Bevorzugung von Christen. Die Religionszugehörigkeit dürfe bei der Aufnahme von Flüchtlingen keine Rolle spielen.

Im Irak gibt es nach Schätzungen von Hilfswerken 2,7 Millionen Binnenflüchtlinge; weitere 2,2 Millionen Iraker suchen Zuflucht in Anrainerstaaten. Ihre Lage verschlechtert sich, da die Aufnahmeländer teilweise überfordert sind. Beobachter gehen davon aus, dass rund 800.000 Angehörige religiöser Minderheiten auf der Flucht sind.