Bischofskonferenzvorsitzender Erzbischof Zollitsch wird 70 Jahre

Brücken bauen, um etwas zu erreichen

Robert Zollitsch, Freiburger Erzbischof und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, feiert heute seinen siebzigsten Geburtstag. Zollitsch ist seit fünf Jahren Oberhirte der Erzdiözese Freiburg und steht seit einem halben Jahr an der Spitze der katholischen Bischofskonferenz. Unter den ersten Gratulanten waren Bundespräsident Horst Köhler und der Vorsitzende der evangelischen Kirche Deutschlands, Bischof Wolfgang Huber. Auch das domradio gratulierte dem Erzbischof. Der weiß gar nicht, wo die siebzig Jahre geblieben sind und wünscht sich zum Geburtstag Spenden für das Freiburger Münster.

 (DR)

Mit einem Gottesdienst in eben diesem Münster haben dann auch die Feierlichkeiten begonnen. Rund 200 Gäste waren gekommen. Am Pontifikalamt nahmen unter anderen Bundestagspräsident Norbert Lammert, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sowie der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche, Bischof Wolfgang Huber, teil. Die Predigt hielt der Mainzer Kardinal Karl Lehmann.

«Wir sind dankbar für Leben und Werk, das uns Erzbischof Robert Zollitsch in diesen 70 Jahren durch Gottes Güte schenken konnte», sagte Kardinal Karl Lehmann in seiner Predigt. Er erinnerte auch an das Schicksal der Flucht und Vertreibung, dem Zollitsch mit seiner Familie gegen Ende des Zweiten Weltkrieges ausgesetzt war.

Lehmann wies in seiner Predigt auf den Bischofsspruch von Zollitsch «In fideicommunione» (In der Gemeinschaft des Glaubens) hin. Der Glaube mache die Christen durch die Gemeinsamkeit stark, die sich vor allem in der Kirche vollziehe, sagte der Mainzer Kardinal. Zollitsch wisse durch viele Erfahrungen um die Kraft des Glaubens, trennenden Unterschieden nicht das letzte Wort zu lassen. «Das gilt auch für das ökumenische Miteinander, ja sogar für das Gespräch mit den nichtchristlichen Religionen», fügte der Mainzer Kardinal hinzu.

Huber lobt ökumenischen Einsatz
«Dein Dienst tut unserer Kirche in Deutschland, der Ökumene und dem gesellschaftlichen Leben insgesamt gut», sagte der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff, der Stellvertretender Vorsitzender der Bischofskonferenz ist. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, lobte den ökumenischen Einsatz des Freiburger Erzbischofs und die beispielhafte Zusammenarbeit der beiden großen Kirchen in Baden. Beim Ausbau der Beziehungen wolle man sich auch von den immer wieder auftretenden Schwierigkeiten «nicht irremachen lassen», so Huber. In Freiburg waren rund 20 Bischöfe, vor allem aus den Nachbardiözesen in Deutschland sowie in der Schweiz und Frankreich vertreten.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hob hervor, Zollitsch stehe als Konferenzvorsitzender einem der wichtigsten Ämter in Deutschland vor, das für das Land und die Kirche gleichermaßen bedeutsam sei. Er äußerte den Wunsch, dass der Erzbischof mit der bisherigen Energie seinen Einsatz für Kirche, Ökumene, Glaube und Gesellschaft fortsetze.

Steinmeier würdigt Zollitschs gesellschaftliches Engagement
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat dem Freiburger Erzbischof und Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, zu dessen 70. Geburtstag gratuliert. In dem vom Auswärtigen Amt am Wochenende in Berlin veröffentlichten Glückwunschtelegramm würdigt Steinmeier Zollitschs «reiches Wirken sowohl in der Kirche als auch im Dialog mit der Gesellschaft». In all seinen Ämtern stelle der Erzbischof immer wieder seine Gabe zum Dialog und seinen unbedingten Willen, «das Miteinander zu pflegen und zugleich mit großer Beharrlichkeit konkurrierende Interessen einander an­zugleichen und Kompromisse zu formulieren», unter Beweis.

«Sie bemerken aufmerksam, wie sich unsere Gesellschaft wandelt, dass die Globalisierung Spuren der Veränderung nach sich zieht, wie sich aber auch die religiöse Landschaft ins­gesamt verändert, betont der Außenminister in seinem Schreiben. Für Zollitsch gehörten daher nicht nur ein intensiver Dialog mit anderen Glaubensgemeinschaften, sondern insbesondere auch mit der Wirtschaft und mit Kulturschaffenden zum notwendigen Netzwerk einer Kirche, die vitaler Teil der Gesellschaft und zugleich nahe bei den Menschen sei. Dies folge aus seiner Haltung, dass Kirche sich der Welt zuwenden müsse.

Neugierige Verwunderung
«Der unbekannte Erzbischof» schrieb vor fünf Jahren die «Badische Zeitung», als Papst Johannes Paul II. den im Südwesten weithin unbekannten Personalchef der Erzdiözese Freiburg, Robert Zollitsch, zum neuen Oberhaupt des Erzbistums ernannte. Auch als vor einem halbem Jahr die deutschen Bischöfe Zollitsch zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz und Nachfolger des Mainzer Kardinals Karl Lehmann wählten, herrschte in weiten Teilen der Bundesrepublik neugierige Verwunderung.

Nicht so in Baden, wo der Erzbischof in wenigen Jahren schon vieles mit Elan, Glaubensfreude und Optimismus bewegt hat. Kaum im erzbischöflichen Amt, hat er in seiner mit rund 2,06 Millionen Katholiken zweitgrößten deutschen Diözese zum «Aufbruch im Umbruch» aufgefordert: Mit einem pastoralen Aufbruch antwortet die Erzdiözese seitdem auf Priestermangel, Finanzknappheit und pluraler werdende Gesellschaft. In kurzer Zeit erwarb sich Zollitsch den Ruf, sein Erzbistum pastoral erneuert, organisatorisch im Griff und finanziell unter Kontrolle zu haben.

Auch in der Bischofskonferenz wurde der neue Mitbruder schnell geschätzt. Der Erzbischof war von 2004 bis Juni 2008 Ausschussvorsitzender des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD) und als solcher Vorsitzender des VDD-Verwaltungsrats, der für die Finanzen dieses bundesweiten Dachverbandes der deutschen Bistümer zuständig ist.

Liebhaber klarer Worte
Der «unbekannte Erzbischof» war sehr schnell auch für den Rest der Republik nicht mehr unbekannt. Durch zahlreiche öffentliche Auftritte und Interviews ist schnell deutlich geworden: Mit Zollitsch steht ein Mann an der Spitze der Bischofskonferenz, der klare und deutliche Worte liebt und sich nicht scheut, auch heikle Themen anzusprechen. Eines seiner ersten Interviews sorgte für Aufregung, weil er den Zölibat als theologisch nicht notwendig bezeichnete, zugleich aber die Ehelosigkeit für Priester als hohes Gut würdigte. Verkürzte Pressemeldungen machten aus dem Erzbischof fälschlicherweise einen Gegner des Zölibat, Kommentare bezeichneten ihn als «liberal» oder «superprogressiv». Zollitsch selbst sieht sich als «im guten Sinne konservativ» und ist wie sein Vorgänger Lehmann ein Mann der Mitte. Der Erzbischof gehört der Gemeinschaft der Schönstätter Diözesanpriester an, die die Gottesmutter Maria besonders verehren.

«Jede Art der Veränderung sorgt für Unmut», diese Erfahrung hat Zollitsch bei der Bildung von Seelsorgeeinheiten in seiner Erzdiözese gemacht. Doch habe die Diskussion auch ein Gutes: «Wir denken alle neu nach, was Kirche überhaupt sein soll.» Wer aufbreche, lasse Gewohntes zurück und stelle sich auf Neues ein. Das verunsichert manchen, stößt manchen vor den Kopf. Nach Ansicht des Konferenzvorsitzenden darf die Kirche aber nicht passives Opfer von Veränderungen sein, sondern muss - Kleriker und Laien gemeinsam - Veränderungen aktiv beeinflussen.

Das Verbindende im Mittelpunkt
Zollitsch sieht sich dabei auch als Brückenbauer: «Nur wenn ich Brücken zu anderen baue, kann ich etwas erreichen.» Von allen Seiten wird etwa die gute Atmosphäre der Ökumene im Südwesten gepriesen. Schon geflügelt ist das Wort des badischen evangelischen Landesbischofs Ulrich Fischer, dass in Baden die ökumenischen Uhren anders, nämlich besser tickten als anderswo. Gemeint ist dabei vor allem eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Zollitsch sieht zuerst das Positive, das Verbindende, nicht das Trennende. Bundesweit wurden seine Umarmung mit dem Rabbiner Henry G. Brandt bei einer christlich-jüdischen Gemeinschaftsfeier während des Katholikentags in Osnabrück und sein Bekenntnis zu einem dialogischen Kurs als herausragende Gesten gewürdigt.

Aus seiner 20-jährigen Zeit als Personalchef bringt der in Filipovo (Philippsdorf) im ehemaligen Jugoslawien als Volksdeutscher geborene Zollitsch die Kunst des geschickten Fragens und Zuhörens, der effizienten Gesprächsführung und eine sichere Menschenkenntnis mit.

Der Terminkalender des Erzbischofs fließt mit seinem neuen Amt als Konferenzvorsitzender über. Freizeit gibt es praktisch nicht. Sonst würde er wohl öfter seine Wanderschuhe schnüren, wie jetzt während eines Urlaubs in den Schweizer Bergen - oder sich seinen Kakteen widmen.

Glückwünsche aus Politik und Kirchen
Bundespräsident Köhler wünschte Zollitsch Beharrlichkeit und Kraft. In seinem neuen Amt setze sich der Vorsitzende für Wege ein, wie der christliche Glaube gelebt und weitergegeben werden könne, heißt es in einem Gratulationsschreiben. Mit seiner tiefen Menschlichkeit, Sachkenntnis und zupackenden Art habe der Freiburger Erzbischof über Konfessionsgrenzen hinweg Sympathie und Wertschätzung erworben. Was Zollitsch seit seiner Ernennung zum Erzbischof geleistet habe, zeige, «wie willkürlich unser Vorstellungen von Jugend und Alter sind», schreibt Köhler.

Auch SPD-Vorsitzender Kurt Beck würdigte den obersten Repräsentanten der deutschen Katholiken. Der Bischofskonferenz-Vorsitzende habe sich in kürzester Zeit Respekt über die Grenzen der katholischen Kirche hinaus erworben, schreibt er in seiner Gratulation. Beim Katholikentag in Osnabrück habe er sich mit Worten und Gesten als «Persönlichkeit von großer Integrationskraft» erwiesen. Der Mainzer Regierungschef lobte auch das Eintreten des Erzbischofs für ein tragfähiges ökumenisches Miteinander.

Für die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands wünschte der leitende Bischof Johannes Friedrich dem Bischofskonferenz-Vorsitzenden «Gottes Segen, viel Kraft und auch die nötige Freude». Die evangelischen Geschwister beobachten mit Bewunderung, «dass es Ihnen offensichtlich gelingt, die Flügel und Fronten zu einen und die Bischofskonferenz in ruhigem Fahrwasser zu halten», heißt es in dem Glückwunschschreiben.

Zuvor hatte bereits der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland das ökumenische Engagement des Erzbischofs gewürdigt. In ökumenischer Hinsicht habe Zollitsch den Kurs seines Vorgängers fortgesetzt und an die Zusammenarbeit zwischen dem Erzbistum und der Evangelischen Landeskirche in Baden angeknüpft, schrieb Huber.