Gedenken an Pius XII. - aber kein Signal zur Seligsprechung

Ehrung für einen geschmähten Friedenspapst

Es war ein bewegendes Gedenken, eine Ehrung und Verteidigung - aber es fehlte das erwartete Signal zur Seligsprechung. Mit einer Messe im Petersdom hat Papst Benedikt XVI. am Donnerstag seines vor 50 Jahres verstorbenen Vorgängers Pius XII. gedacht. Eine höchstkirchliche Würdigung für einen Petrus-Nachfolger, der für eine ganze Generation als Inbegriff des Papsttums galt - und der später für sein angebliches Schweigen zum Holocaust diskreditiert wurde.

 (DR)

350 Bischöfe aus aller Welt nahmen teil: die gesamte im Vatikan tagende Bischofssynode, dazu die Kurie, der römische Klerus, das Diplomatische Corps und viele Familienangehörige des Pacelli-Papstes.

Benedikt XVI. würdigte seinen Vorgänger als einen Friedenspapst, der zwei Weltkriege zu verhindern und zu beenden suchte. Er verteidigte ihn, weil er Hilfe - mit Gespür für das Mögliche seiner Zeit - oft im Stillen und im Geheimen leistete, um so möglichst viele Juden zu retten. Der Papst aus Deutschland erinnerte an die Weihnachtsbotschaft 1942, in der Pacelli unüberhörbar die Deportation und die Ermordung der Juden anprangerte. Er legte dar, dass Pius XII. für diesen Einsatz nach dem Krieg und zu seinem Tod geehrt wurde. Als Kronzeugen zitierte er die damalige israelische Außenministerin Golda Meir mit den Worten: Während der zehn Jahre des Nazi-Terrors habe «sich die Stimme des Pontifex zugunsten der Opfer erhoben... Wir beweinen den Verlust eines großen Dieners des Friedens». Benedikt XVI. erinnerte aber auch daran, dass angesichts der «unfairen» historischen Debatte seine vielen Lehrschreiben zu theologischen und gesellschaftlichen Grundfragen zurückgetreten seien.



Die Ehrung und Verteidigung Pacellis mündete freilich nicht - wie mancher erwartete - in eine Ankündigung der Seligsprechung oder in eine Anerkennung des heroischen Tugendgrades. «Beten wir darum, dass der Prozess der Seligsprechung für den Diener Gottes Pius XII. günstig voranschreitet», sagte er sehr allgemein zum Schluss der Predigt. Um Fehldeutungen wie bei früheren Anlässen zu vermeiden, gab Vatikansprecher Federico Lombardi sofort eine Lesehilfe: Benedikt XVI. habe damit eine geistliche Verbundenheit und einen verbreiteten Wunsch aufgegriffen; er habe sich jedoch nicht zu Verlauf oder Fristen des aktuellen Verfahrens geäußert.

Und genau dieses Verfahren führt seit einiger Zeit zu Diskussionen und auch Spannungen im christlich-jüdischen Dialog sowie im vatikanisch-israelischen Verhältnis. Während die interreligiöse US-Stiftung «Pave the Way» erst vor wenigen Wochen in Rom jüdische Zeugenberichte vorlegte und Pius XII. gegen pauschale Vorwürfe verteidigte, bleiben andere Dialog-Teilnehmer kritischer. Rabbiner Schar Jischuw Cohen aus Haifa, der am Montag als erster Nicht-Christ vor einer Bischofssynode sprach, machte aus seiner Ablehnung einer Seligsprechung keinen Hehl. Selbst wenn Pius XII. Juden insgeheim geholfen habe, habe er letztlich nicht seine Stimme erhoben. Und das könne man ihm nicht vergessen.

Wegen solcher Reaktionen und Empfindlichkeiten hatte Benedikt XVI. das Verfahren für Pius XII. zunächst gestoppt. Die Heiligsprechungs-Kongregation plädierte bei ihrer Sitzung im Mai 2007 einmütig für den Tugendgrad des «Diener Gottes». Aber Benedikt XVI. wollte vor einer Unterzeichnung des Dekrets noch über Opportunität und mögliche Auswirkungen auf den jüdisch-christlichen Dialog und die Beziehungen zu Israel reflektieren. Allerdings bedeutete auch eine Unterschrift unter dieses Dekret zunächst nur Grünes Licht für die Aufnahme zur Überprüfung eines Heilungswunders.

Und auch danach liegt die Zuständigkeit letztlich beim Papst. Daher spekulieren Beobachter immer häufiger, ob nicht vielleicht eine Seligsprechung von Pius XII. mit der von Johannes Paul II. verbunden werden könnte.