UN begehen Welttag zur Überwindung der Armut - domradio über das Engagement eines Kölners

"Hier findet Glaube pur statt"

Unerkannt kann Erich Huth schon lange nicht mehr durch die Straßen des Kölner Stadtteils Vogelsang gehen. Nicht nur in seinem Viertel hat sich der 72-jährige einen Namen gemacht, bekannt ist er inzwischen in ganz Köln. Seit fast vier Jahrzehnten engagiert er sich als Vorsitzender der Gemeinde-Caritas ehrenamtlich für Bedürftige.

Autor/in:
Pia Deuß
 (DR)

Darunter sind Migranten, Kranke, Hartz IV-Empfänger und Alleinerziehende. Sie alle, inzwischen sind es an die 200, kommen Freitags zum Caritas-Laden Kunterbunt, Huth nennt ihn gerne "den Bunker". Dort kaufen sie schon morgens ihre Märkchen, um später nicht so lange warten zu müssen.

Der Andrang ist groß, jeder möchte einen Korb mit Waren bekommen. Und der ist prall gefüllt: Obst, Gemüse, Fleisch und Brot - Dinge, die sich die Menschen selbst kaum noch leisten können. "Die Armut hat definitiv zugenommen", sagt Huth, "wie soll man auch von Hartz IV mit 347 Euro im Monat leben?"

"Ich gebe jeden Tag voll Power"  
Hinter dem ehrenamtlichen Projekt steckt eine Menge Arbeit, für Huth ein Fulltime-Job. Urlaub ist für ihn ein Fremdwort, alles muss gut organisiert sein: Huth fährt regelmäßig Supermärkte ab und sammelt Lebensmittel, die sonst weggeworfen würden. "Da sind richtig gute Sachen dabei, vor allem Obst, das sieht topp aus", sagt der rüstige Rentner. Auch zur Kölner Bäcker-Innung hat Huth Kontakt aufgebaut und holt regelmäßig Brot und Brötchen ab, die von Prüflingen gebacken werden.

Mittlerweile umfasst das Team um Huth 80 Mitarbeiter, natürlich arbeiten alle ehrenamtlich. Hin und wieder leisten auch Jugendliche ihre Sozialstunden bei Huth und sind so begeistert, dass sie danach weiter ehrenamtlich mitarbeiten. Trotzdem lässt sich nicht alles ohne Geld auf die Beine stellen. Die wohltätige Aktion finanziert sich hauptsächlich durch private Spenden. Zusätzliches Geld nimmt Huth mit dem Verkauf von Möbeln ein, die er nach Wohnungsauflösungen kostenlos bekommt.

Wenig Unterstützung aus der Gemeinde  
Huth hat es nicht immer leicht. Sein Engagement wird nicht von allen wertgeschätzt. "Diese Superkatholiken, die Sonntags brav in der Kirche sitzen, beschweren sich über meine Arbeit und sagen, dass die Bedürftigen das doch gar nicht nötig hätten," erzählt er. Nicht selten wird er deswegen verurteilt, zum Beispiel wenn jemand sieht, dass ein Mann gerade erworbenes Essen wieder hinter dem nächsten Busch wegwirft. "Ja das kommt vor", sagt Huth, "genauso gibt es aber auch die vielen anderen Fälle."

Und genau die sind es, die Huth motivieren seine Arbeit trotz einiger Widerstände weiterzumachen. "Es sind intime Momente mit Menschen, die ganz am Boden sind", erzählt er. Mit einigen hat er schon richtige Freundschaften aufgebaut. "Man muss auch die Drecksarbeit machen, nur so bleibt man glaubwürdig", verrät er.

Viele Menschen sind inzwischen auf die Hilfe von Huth und seinen Mitarbeitern angewiesen. Sie wissen nicht, wie sie sonst überleben sollen. Doch wie es einmal nach Huth weitergehen soll, ist ungewiss. "Es gibt keinen Nachfolger", seufzt Huth, "wer will das schon machen?" Trotzdem hofft er, dass sich doch noch eines Tages jemand aus seinem Team findet, der sich (zu)traut, diesen ehrenwerten Job zu machen. So lange muss Huth noch weiter jeden Tag Power geben - Hut ab!