Unterwasser-Kabinettssitzung auf Malediven gegen Klimawandel

Politik auf Tauchstation

Die Politik auf den Malediven geht baden - und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Präsident Mohamed Nasheed hatte für Samstag eine Unterwasser-Kabinettssitzung einberufen. Er wollte mit der schlagzeilenträchtigen Aktion auf die Auswirkungen des Klimawandels für sein Land aufmerksam machen.

Autor/in:
Michael Lenz
 (DR)

Der Großteil der aus knapp 1.200 Inseln bestehenden Republik befindet sich weniger als einen Meter über dem Meeresspiegel. Steigt der weiter, könnten die Malediven bis zum Jahr 2100 unbewohnbar sein.

Nasheed schickte nun sein Kabinett auf den Meeresboden, um auf diese Bedrohung aufmerksam zu machen. Gut vorbereitet dafür waren sie allemal: Die 14 Kabinettsmitglieder absolvierten Tauchlehrgänge und unterschrieben eine Versicherungspolice für das nicht ganz risikolose Unterfangen. Der vor einem Jahr gewählte Präsident hatte schon vorher einen Tauchschein - und die Lizenz für ungewöhnliche Aktionen hat er offenbar auch. Nasheed weiß das Thema Klimawandel und drohender Untergang der Malediven jedenfalls mediengerecht in Szene zu setzen.

Kein Traumtänzer oder Schaumschläger
Ein Traumtänzer oder Schaumschläger ist der Präsident, der als unerschrockener Verfechter der Demokratie auf den Malediven Folter und Gefängnis erleiden musste, nicht. Sonst hätte ihn das renommierte "Time Magazin" wohl nicht zu einem "Helden der Umwelt" ausgerufen. Und Ziele, die diesen Titel rechtfertigen, hat der 41-Jährige. Bis 2020 sollen die Malediven durch den Umstieg auf Solar- und Windenergie das erste CO2-neutrale Land der Welt sein.

Auch wenn Nasheed weiß, dass kohlenstofffreie Malediven für das Weltklima weniger als ein Tropfen im Ozean sind, ist das Signal doch klar, ebenso wie die Botschaft der Regierung im Meer: Was einem armen Land wie den Malediven recht ist, sollte den Industrieländern als Hauptverursacher des Klimawandels billig sein.

Das Timing für sein Team auf Tauchstation hat Nasheed gut gewählt. Im Dezember soll auf dem Klimagipfel der Vereinten Nationen in Kopenhagen über das Schicksal des Weltklimas entschieden werden. Die Zeichen für einen mutigen Plan der Staatengemeinschaft, der das Gesamtwohl über kleinliche Einzelinteressen stellt, stehen nicht gut. Klimaschutz wird oftmals als Hindernis für wirtschaftliche Entwicklung gesehen.

Investitionen in grüne Technologien
Der studierte Meereskundler Nasheed hat bei diesem Dilemma seine eigene Vision. Statt mit Verboten das Ziel zu verfolgen, Kohlenstoffemissionen zu senken, sollten die Länder verpflichtet werden, erneuerbare Energie zu produzieren. Das forderte der Präsident Anfang September auf einer Konferenz in New York. Das Ergebnis wäre das gleiche, meint er: Der Temperaturanstieg würde unter 1,5 Grad gehalten - das ist der Wert, den Wissenschaftler als Grenze für die globale Erwärmung sehen, um die Welt vor dem Klimakollaps zu bewahren.

Investitionen in grüne Technologien schafften zudem Arbeitsplätze, seien gut für das Wirtschaftswachstum und befreiten Entwicklungsländer aus der Armutsspirale, erläutert Nasheed weiter. Er lässt zugleich keinen Zweifel daran, dass die Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel viel Geld kosten und Entwicklungsländer auf langfristige und verbindliche finanzielle Unterstützung der Industrieländer angewiesen sein werden.

Für den Fall, dass die Klimarettung schief- und die Inselwelt der Malediven untergeht, hat Nasheed einen Plan B. Seine Regierung will Abgaben von Urlaubern erheben. Damit soll ein Fonds finanziert werden, aus dem in einigen Jahrzehnten irgendwo auf der Welt, vorzugsweise aber im nahe gelegenen Indien, ein Stück Land als neue Heimat für die Menschen der Malediven gekauft werden soll. Dauerhaft können sich weder Regierung noch Bewohner ins Meer zurückziehen.