Brandanschläge auf Kirchen in Malaysia

Gewalt nach Allah-Urteil

Auf mehrere Kirchen in Kuala Lumpur sind am Freitag Brandanschlage verübt worden. Drei Gotteshäuser wurden beschädigt. Die Brandanschläge stehen offenbar im Zusammenhang mit der Debatte um das sogenannte Allah-Urteil.

 (DR)

Augenzeugen berichteten laut malaysischen Medien, Jugendliche auf Motorrädern hätten Brandsätze, vermutlich Molotow-Cocktails, geworfen. Betroffen seien eine katholische, eine protestantische sowie eine Kirche der evangelikalen Sekte "Brethren". Ein weiterer Brandanschlag am Freitagnachmittag misslang laut örtlichen Medienberichten. Ministerpräsident Najib Tun Razak verurteilte die Anschläge scharf. Er habe die Polizei angewiesen, die Sicherheitsvorkehrungen vor Kirchen zu verstärken.

In der vergangenen Woche hatte ein Gericht in Kuala Lumpur geurteilt, das Verbot für eine katholische Zeitung, das Wort Gott mit "Allah" zu übersetzen, verstoße gegen die malaysische Verfassung. Konservative islamische Politiker der Regierungspartei Umno sowie islamistische Organisationen sehen in dem Urteil einen Angriff gegen die politische und gesellschaftliche Dominanz der muslimischen ethnischen Malaien. Die Regierung hat Berufung gegen das Urteil eingelegt.

In zehn Städten Malaysias kam es nach dem islamischen Freitagsgebet vor den Moscheen zu Demonstrationen gegen das "Allah"-Urteil. Nach den Anschlägen vom Morgen fanden sie unter strenger Bewachung durch Spezialeinheiten der Polizei statt. Die Kundgebungen verliefen ohne größere Zwischenfälle.

"Unsere Geduld hat Grenzen"
Einige Sprecher islamischer Organisationen, die zu den Demonstrationen aufgerufen hatten, drohten jedoch kaum verhohlen mit Gewalt. "Unsere Geduld hat Grenzen; spielt nicht damit, bis Chaos im Land verursacht wird", sagte ein Vorstandsmitglied der Jugendorganisation Ikatan Muslimin Malaysia (ISMA) der Tageszeitung "Star".

Der Mufti des Bundesstaates Selangor, Mohd Tamyes Abdul Wahid, rechtfertigte die Proteste mit den Worten, Muslime müssten immer zur "Verteidigung ihrer Religion" bereit sein. Zugleich verurteilte er die Brandanschläge. "Muslime dürfen nichts tun, was dem Bild des Islams schadet und deshalb wird das, was (heute) getan wurde, nur dazu führen, dass der Islam verurteilt und kritisiert wird", zitiert "The Star".

In Internetblogs schüren Scharfmacher die Stimmung gegen andere ethnische Gruppen und Religionen in Malaysia. Seit der Urteilsverkündung haben sich mehr als 140.000 Menschen einer Gruppe im Internetportal Facebook angeschlossen, die anderen Religionen den Gebrauch des Wortes "Allah" verbieten will. Die Facebook-Gruppe wird von prominenten Politikern und Islamwissenschaftlern unterstützt.

"Allah" ist das arabische Wort für "Gott"; es bezeichnet keinen bestimmten Gott einer bestimmten Religion. In Malaysia wird "Gott" seit Jahrhunderten in der Landessprache Bahasa Malaysia mit "Allah" übersetzt. Auch Christen in anderen Ländern mit muslimischer Mehrheit verwenden bei Predigten und Bibelübersetzungen in der Landessprache "Allah", etwa im benachbarten Indonesien.

Der Chefredakteur der prozessierenden malaysischen Zeitung "Herald", Pater Andrew Lawrence, präsentierte bei der Gerichtsverhandlung in der vergangenen Woche eine alte Bibel aus Ägypten, in der ebenfalls "Gott" mit "Allah" übersetzt wurde. Der malaysische Zoll hatte im vergangenen Jahr mindestens 15.000 aus Indonesien importierte Bibeln beschlagnahmt, weil darin das Wort "Allah" benutzt wurde.