KNA: Herr Bischof, Sie gehören zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs "Erinnern und Handeln in Dresden". Mit Blick auf den 13. Februar 1945 planen die Akteure verschiedene Gedenkveranstaltungen und wenden sich damit auch gegen den Aufmarsch der Neonazis am selben Tag in der Elbestadt. Was ist Ihre Motivation, sich zu beteiligen?
Reinelt: Es gibt eine eindrucksvolle Solidarität der Dresdner gegen jede Form von Extremismus. Seit Jahren engagieren sich verschiedene Initiativen dafür, dass die Rechtsextremisten den 13. Februar, den Tag der Zerstörung Dresdens 1945, nicht für ihre Zwecke nutzen. In diesem Jahr steht die gesamte Bürgerschaft dahinter. Als katholischer Bischof war es für mich keine Frage, mich ebenfalls zu beteiligen.
KNA: Was halten Sie davon, ein generelles Demonstrationsverbot für die Neonazis an diesem Tag anzustreben?
Reinelt: Solche Versuche wurden unternommen. Mit der Folge, dass die Veranstalter des rechtsextremen Aufmarsches vor Gericht gingen und dort eine Aufhebung des Demonstrationsverbots erwirkten. Die Politiker stehen den Entscheidungen ohnmächtig gegenüber. Meiner Ansicht nach müssten unsere Gesetze in diesem Punkt überarbeitet werden.
Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass die Dresdner mit ihren Aktionen ein Zeichen setzen. Auch in den Medien haben diese Veranstaltungen in den vergangenen Jahren stets ein viel größeres Gewicht eingenommen als der Aufmarsch selbst. Das ist bemerkenswert.
So haben wir vor einigen Jahren an dem Gedenktag vor unserer Kathedrale ein Lichterkreuz aufgestellt, das sowohl in Zeitungen als auch im Fernsehen erschien. Ganz zaghaft fragte damals bei der Veranstaltung ein Journalist in die Runde, wo denn die Neonazi-Demonstration sei.
KNA: Zu den Aktionen gehört in diesem Jahr auch eine große Menschenkette. Werden Sie auch dort dabei sein?
Reinelt: Ja, das ist für mich selbstverständlich. An diesem Tag sind nicht nur Worte, sondern auch Taten gefordert. Dazu gehört auch die Menschenkette in der Dresdner Altstadt.
KNA: Welche Veranstaltungen planen die Kirchen?
Reinelt: Wie in den vergangenen Jahren feiern die Kirchen verschiedene Gottesdienste. Es gibt zunächst ein Requiem in der Kathedrale, anschließend einen Gottesdienst vor der Dresdner Frauenkirche und danach einen ökumenischen Gottesdienst, der in diesem Jahr in der evangelischen Kreuzkirche stattfindet.
KNA: Vor allem das Requiem hat in Dresden eine lange Tradition...
Reinelt: Ja, es wurde ziemlich bald nach Kriegsende eingeführt.
Dabei wurde nicht nur in der Hofkirche, die damals noch keine Kathedrale war, für die Verstorbenen gebetet, sondern auch in den Gemeinden. Lange vor dem Aufmarsch der Neonazis in den 90er Jahren hat sich zu Beginn der 80er Jahre auch der ökumenische Gottesdienst etabliert.
Interview: Birgit Wilke
Bischof Reinelt beteiligt sich an Aufruf gegen Neonazi-Aufmarsch
"An diesem Tag sind Taten gefordert"
Der katholische Bischof von Dresden-Meißen, Joachim Reinelt, will sich am 65. Jahrestag der Bombardierung Dresdens in eine Menschenkette gegen Rechtsextremismus einreihen. Am Samstag seien "nicht nur Worte, sondern auch Taten gefordert", sagte Reinelt in Dresden.
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