Der münsterische Bischof Felix Genn wird 60 Jahre alt

Spiritueller Kopf

Felix Genn, der früher einmal Christliche Spiritualität lehrte, ist ein durch und durch geistlicher Mensch. Er entfaltet schnörkellos Gedankenstränge aus dem Kopf. Am Samstag wurde der Münsteraner Bischof, der auch für ein sagenhaftes Personengedächtnis bekannt ist, 60 Jahre alt.

Autor/in:
Andreas Otto
 (DR)

Journalisten müssen bei Genn gut zuhören. Wenn er predigt, gilt bei ihm in besonderer Weise das gesprochene Wort - denn ein Manuskript in Papierform hat er oft gar nicht.

Der Lebensweg des Bischofs ist inzwischen mit drei Bistümern eng
verbunden: Sein Heimatbistum ist Trier, wo er 1999 Weihbischof wurde. 2003 wechselte er als Ruhrbischof nach Essen, und am 29. März vorigen Jahres wurde er feierlich in sein Amt als 76. Bischof von Münster eingeführt. Als Rheinländer in Westfalen hat er nach eigenem Bekunden bislang nur positive Erfahrungen gemacht, von der vielbeschworenen Dickköpfigkeit nichts gespürt.

Bischofsstab aus Holz eines über 100 Jahre alten Nussbaums
Genn wurde am 6. März 1950 im rheinland-pfälzischen Burgbrohl geboren und wuchs in Wassenach am Laacher See auf. Der kirchlich geprägten bäuerlichen Heimat mit der nahe gelegenen Benediktinerabtei fühlt er sich eng verbunden. Sein Bischofsstab ist aus dem Holz eines über 100 Jahre alten Nussbaums gefertigt, der auf dem Gelände der Abtei wuchs. Die Herkunft aus einem landwirtschaftlich und religiös geprägten Umfeld dürfte ihm nun an seiner jetzigen Wirkungsstätte entgegenkommen: Denn die Diözese Münster zwischen niederländischer Grenze und Mittellandkanal, Vechta und der Nordseeinsel Wangerooge ist mit seinen rund zwei Millionen Gläubigen ebenfalls ein agrarisch strukturiertes Flächenbistum mit religiöser Tradition.

Aber auch mit der Kirche im urbanen Umfeld hat Genn seine Erfahrungen gemacht. In den fünfeinhalb Jahren als Ruhrbischof zeigte er Entschlossenheit und setzte angesichts rückläufiger Kirchenfinanzen und Katholikenzahl eine besonders konsequente Bistumsreform durch: 259 Gemeinden legt er zu 43 Großverbünden zusammen. Als großer Sanierer versteht er sich dennoch nicht; vielmehr geht es ihm darum, die Realitäten ernst zu nehmen und auch Priester zu entlasten. Gerade das Leben und Wirken von Geistlichen ist ein zentrales Thema von Genn. Im Trierer Bistum war er jahrelang in die Priesterausbildung eingebunden und leitet heute die Kommission für geistliche Berufe der Bischofskonferenz.

Gemäß seinem Wahlspruch "Wir verkünden Euch das Leben" aus dem ersten Johannesbrief möchte Genn die Menschen für einen Gott gewinnen, "der mit uns ist - durch dick und dünn, in Leid und Tod".

Deutliches zu Gesellschaftspolitischem
Zur Verkündigung gehören für ihn aber auch deutliche Worte zu gesellschaftspolitischen Themen. So warnt er vor wachsenden sozialen Unterschieden, wenn Arbeitgeber das Zigfache ihrer Arbeitnehmer verdienen oder wenn jemand unverschuldet seine Arbeit verliert. Genn: "Dann wächst der gesellschaftliche Spaltpilz" und die Sehnsucht nach einem starken Mann, "der alles wieder gleich und gerade macht".

Ein wichtiges Anliegen ist für den Bischof der Lebensschutz. So verurteilte er die Nutzung embryonaler Stammzellen für die gentechnische Forschung. Zu entwicklungspolitischen Fragen bezog Genn insbesondere als Adveniat-Bischof Stellung. Zwei Jahre war er Vorsitzender der Bischöflichen Kommission des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks, das in Essen seinen Sitz hat und für das seit ein paar Tagen nun der dortige Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck Verantwortung trägt. Kürzlich, bei der Eröffnung der Misereor-Fastenaktion, prangerte Genn ebenfalls die weltweite Kluft zwischen Arm und Reich an. Notwendig sei ein Bewusstsein, dass die armen Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika "auch meine Schwestern und Brüder sind".