Erzbischöfe Zollitsch und Marx positionieren sich in Missbrauchsdebatte

"Mär vom schweigenden Papst"

Erzbischof Robert Zollitsch hat Forderungen nach öffentlichen Stellungnahmen von Papst Benedikt XVI. zu den Missbrauchsfällen in Deutschland zurückgewiesen. Der Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz, Erzbischof Reinhard Marx, sagte "Die Folgen des abgrundtief Bösen in der Welt, auch in der Kirche, haben wir alle mit aufzuarbeiten."

 (DR)

Erzbischof Robert Zollitsch hat Forderungen nach öffentlichen Stellungnahmen von Papst Benedikt XVI. zu den Missbrauchsfällen in Deutschland zurückgewiesen. Zugleich beklagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in einem Beitrag für die Zeitung «Die Welt» (Donnerstag) «die Mär vom schweigenden Papst».

Das Kirchenoberhaupt habe sich bereits zum Missbrauch an Minderjährigen geäußert und Worte gefunden, «die in aller Welt gehört» worden seien, betonte der Freiburger Erzbischof und erinnerte an Vorgänge in anderen Ländern. Es sei deshalb so kurzsichtig wie oberflächlich, vom Papst einer Weltkirche nun eine Wiederholung dieser Aussagen ausdrücklich für Deutschland zu fordern. «Das Gewicht eines Wortes wächst nicht durch die Anzahl seiner Wiederholungen», mahnte Zollitsch. Er selbst wisse aus seinem Gespräch mit Benedikt XVI., wie sehr der Kindesmissbrauch durch Priester, gerade auch in Deutschland, das Kirchenoberhaupt erschüttere.

Derzeit müsse der Papst «für vieles herhalten», meinte Zollitsch weiter. Er frage sich, wann nun verlangt werde, dass der Papst an einem Runden Tisch teilnehmen oder das «Dickicht von Verjährungsfristen oder Entschädigungsforderungen» lichten solle. Der Freiburger Erzbischof verwies darauf, dass eine deutsche Zeitung sich in ihrer Online-Ausgabe verwundert gezeigt habe, warum der Papst zu den Vorfällen an der Odenwaldschule - dabei handelt es sich um ein nichtkirchliches Internat - schweige. Das zeige, wie sehr das Urteilsvermögen aus dem Lot geraten sei.

Marx zu Missbrauch: Billige Gnade kann es nicht geben
Begleitet von einem großen Medienaufgebot haben die bayerischen Bischöfe während ihrer Frühjahrsvollversammlung am Mittwochabend für die Opfer von Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen gebetet. Bei einem Gottesdienst in der voll besetzten fränkischen Wallfahrtsbasilika Vierzehnheiligen baten sie um Vergebung für die Täter und «für jene, die leichtfertig über geschehenes Unrecht hinweggesehen haben».
Zugleich bekundeten die Bischöfe ihr Bemühen «um Wahrhaftigkeit und Umkehr». Anschließend entzündeten alle sieben Diözesanbischöfe Kerzen, jeder eine für sein Bistum.

Inzwischen sehen sich alle bayerischen Diözesen mit Missbrauchsfällen in ihren Reihen konfrontiert. Der Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz, Erzbischof Reinhard Marx, sagte in seiner Predigt, eine «billige Gnade» könne es nicht geben. «Die Folgen des abgrundtief Bösen in der Welt, auch in der Kirche, haben wir alle mit aufzuarbeiten.» Dabei dürfe nicht mit dem Finger auf andere gezeigt werden. Das Gebet gelte zuerst den Missbrauchsopfern, dann aber auch den Tätern. Marx hob hervor, dass die überwiegende Mehrheit der kirchlichen Mitarbeiter unbescholten ihren Dienst tue.

Ebenfalls am Mittwoch kamen bisher nicht bekannte sexuelle Übergriffe bei den Regensburger Domspatzen zu Beginn der 1970er Jahre ans Licht. Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke suspendierte einen Diözesanpriester, der zu dieser Zeit als studentische Hilfskraft im Internat der Domspatzen tätig war. Der Pfarrer habe Verfehlungen während seiner Regensburger Zeit eingeräumt, auf seine Pfarrei verzichtet und um Entbindung von allen priesterlichen Pflichten gebeten, hieß es.

Am Donnerstag wollen die bayerischen Bischöfe über das Ergebnis ihrer Beratungen informieren. Außer den Missbrauchsfällen beschäftigt die Vollversammlung auch die Entwicklung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und die Vorbereitung des 2. Ökumenischen Kirchentags im Mai in München.

Tebartz-van Elst ruft zur Einheit mit dem Papst auf
Zur Solidarität und Einheit mit Papst Benedikt XVI. hat auch der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst aufgerufen.
Nach Angaben seines Bistums vom Donnerstag bezeichnete es der Bischof vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche als boshaft und unerträglich, wie in einigen Medien Meinungen geschürt würden, die versuchten, den Papst an den Pranger zu stellen.

Benedikt XVI. stehe geradezu für einen entschiedenen und kompromisslosen Umgang mit den schrecklichen Vorfällen des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen, so Tebartz-van Elst. Der Bischof äußerte sich bei einem Gottesdienst in Jerusalem, mit dem eine mehrtägige Heilig-Land-Wallfahrt von Katholiken aus dem Bistum Limburg zu Ende ging.