Reaktionen auf Papst-Schreiben zu Missbrauch

"Botschaft auch an uns in Deutschland"

Kirchenvertreter begrüßen die deutlichen Worte von Papst Benedikt XVI. zum Missbrauchsskandal in Irland. Die deutsche Bischofskonferenz versteht das Schreiben auch selber als Mahnung. Auch die Bundeskanzlerin geht von "universeller" Bedeutung aus.

 (DR)

Papst Benedikt XVI. habe das Schreiben als Hirte der Weltkirche verfasst, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag in Berlin. Was er sage, gelte universell. Der Papst habe den Missbrauch an Kindern und Jugendlichen klar verurteilt und ebenso den Umgang der Kirche mit den Fällen und den Tätern, sagte Wilhelm.

Die Kanzlerin begrüße, dass der Papst Fragen der Wiedergutmachung und der Prävention offen angesprochen habe, sagte Wilhelm. Die Opfer und die Gesellschaft bräuchten «Wahrheit und Klarheit» bei der Aufarbeitung. Für den innerkirchlichen Umgang mit den Fällen in Deutschland messe die Kanzlerin indes der Erklärung der Freisinger Bischofskonferenz besondere Bedeutung zu, sagte der Regierungssprecher.

Zollitsch: Geltung für die ganze Kirche
Der Hirtenbrief an die irischen Katholiken enthalte klare Weisungen an die gesamte Kirche, erklärte der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, am Samstag in Freiburg. "Was er ihnen sagt, hat Geltung für die ganze Kirche und ist eindeutig eine Botschaft auch an uns in Deutschland." Ohne Wenn und Aber habe der Papst die schrecklichen Verbrechen, die Priester und Ordensleute an jungen Menschen begangen haben, verurteilt.

Seine schonungslose Analyse zeige, dass sich der Heilige Vater dem Problem sexuellen Missbrauchs mit Ernst und mit großer Sorge stelle, sagte der Erzbischof. Vorrang habe für das Kirchenoberhaupt die Perspektive der Opfer. Deshalb kritisiere Benedikt "den zum Teil übermäßigen Täterschutz, den die Kirche häufig praktiziert habe".

"Besonders bewegen mich die deutlichen Worte des Papstes an die Priester und Ordensleute, die sich versündigt haben", sagte Zollitsch. Sie hätten das Vertrauen junger Menschen aufs Schlimmste verletzt und müssen sich vor Gott und den Gerichten verantworten.

Zollitsch unterstrich, dass auch die katholische Kirche in Deutschland keine Fehler wiederholen dürfe. Nötig sei eine lückenlose Aufklärung der Missbrauchsfälle in deutschen katholischen Bildungseinrichtungen. "Deshalb verstehe ich die Mahnung des Papstes an die Bischöfe in Irland zugleich auch als Mahnung an uns." Der Skandal sexuellen Missbrauchs sei kein bloß irisches Problem: "Er ist ein Skandal der Kirche an vielen Orten, und er ist der Skandal der Kirche in Deutschland."

Auch der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, sagte, dass die "grundsätzlichen Aussagen des Briefes auch für uns in Deutschland, ja weltweit" gelten. Als Beispiele nennt Ackermann die eindeutige Verurteilung sexuellen Missbrauchs als Verbrechen, die Aufforderung, Vergehen und Fehler offen einzugestehen, sowie offene Kritik an jeder falschen Sorge um den Ruf der Kirche.

Irlands Kirche sieht Papstbrief als wichtigen Schritt
Die irische Kirchenspitze hat den Papstbrief begrüßt. Der irische Primas Kardinal Sean Brady sprach am Samstag im Armagh von einem historischen Tag für die Katholiken des Landes. Er sei Benedikt XVI. sehr dankbar für seine tiefe Güte und Sorge. Der Dubliner Erzbischof Diarmuid Martin bezeichnete das Schreiben als Schritt im Prozess der Kirche in Irland zu Erneuerung und Heilung.

ZDK-Präsident: Kann auch deutscher Kirche helfen
Nach Ansicht des Zentralkomitees der deutschen Katholiken
(ZdK) hat das Schreiben auch für Deutschland Bedeutung. ZdK-Präsident Alois Glück nannte das Schreiben am Samstag in Bonn ein "eindrucksvolles Dokument, das auch der katholischen Kirche in Deutschland helfen kann, die richtigen Konsequenzen zu ziehen". Der Papst befasse sich mit einer "geradezu schonungslos offenen Sprache" konkret mit der Situation in Irland. Gleichzeitig sei der Hirtenbrief aber "eine für die gesamte Weltkirche hilfreiche Orientierung".

Als wichtige Kriterien für die weiteren Beratungen in Deutschland nennt Glück unter anderem die Auswahl von Priesteramtskandidaten, Transparenz und Offenheit, die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit dem Staat und eine laufende Überprüfung geltender Richtlinien. "Mit diesem Brief setzt sich Papst Benedikt erneut beispielhaft und klar für die kompromisslose Aufklärung von sexuellem Missbrauch und ebenso unmissverständlich für die Opfer ein", erklärte Glück.