Ein umfassender Sozialplan soll Paraguays Probleme angehen

Lugos Rundumschlag gegen die Armut

Lange war wenig von Fernando Lugo zu hören. Vielleicht besser so. So konnte erst einmal Gras über die Skandale wachsen, die den paraguayischen Präsidenten im vergangenen Jahr in die Schlagzeilen brachte. Diese Woche nun stellte der 58-jährige ehemalige katholische Bischof den Mega-Sozialplan vor.

Autor/in:
Camilla Landbö
 (DR)

Paraguay gehört zu den ärmsten Ländern Lateinamerikas. Fast 40 Prozent der Bevölkerung lebt nach offiziellen Zahlen unterhalb der Armutsgrenze. Jeder fünfte Paraguayer lebt gar in extremer Armut. Von den mehr als sechs Millionen Paraguayern sind etwa neun Prozent Analphabeten. Die Menschen setzten große Hoffnungen in Lugo, als er 2008 zum Präsidenten gewählt wurde. Doch nach gut anderthalb Amtsjahren ist auch Ernüchterung eingekehrt: Tausende Bauern protestierten erst kürzlich wieder in der Hauptstadt Asuncion, denn die von Lugo versprochene umfassende Agrarreform, bleibt immer noch aus.

Vor einem Jahr stürzten sich Presse und Öffentlichkeit auf den Theologen, denn er bekam binnen weniger Tage gleich drei Söhne:
Frauen hatten öffentlich erklärt, Kinder mit Lugo zu haben - die gezeugt worden waren, als dieser noch Bischof war. In den Laienstand zurückversetzt wurde Lugo nämlich erst kurz vor seinem Amtsantritt im Jahr 2008. Ein Skandal in Paraguay und darüber hinaus - zumal eine der Frauen noch minderjährig war, als das bischöfliche Kind gezeugt wurde. Die katholische Kirche distanzierte sich im Nu. Die Bischofskonferenz bat in einem Kommunique um Vergebung «für die Sünden ihrer Seelsorger».

Vom Skandal hat sich Lugo noch nicht ganz erholt - der Spott seiner Landsleute ist ihm nach wie vor sicher. Doch jetzt will er mit seinem Mega-Sozialplan wieder ganz andere Themen setzen. Der Plan des versierten Befreiungstheologen greift unzählige Probleme Paraguays auf. In der beginnenden Dekade sollen zum Beispiel 200.000 arme Familien finanziell unterstützt werden und im Gegenzug ihre Kinder zur Schule schicken. «Es kann doch nicht sein, dass Kinder in solch armen Verhältnissen zur Welt kommen, dass sie kaum Möglichkeiten haben, es bis an die Universität zu schaffen», betont der Präsident. Auch erwachsene Parguayer sollen alphabetisiert werden, von 85.000 Menschen ist die Rede.

Der Sozialplan sieht außerdem vor, überall im Land insgesamt 500 medizinische Anlaufstellen aufzubauen. 70.000 Bauern sollen im Rahmen eines Ernährungssicherungsprogramms besonders betreut und ausgebildet werden und 56.000 Hektar Land, eine Fläche gut doppelt so groß wie das Stadtgebiet von Frankfurt am Main, sollen auf neue Besitzer übertragen werden - auf Indianer aus 20 verschiedenen indigenen Gemeinschaften. Es ist geplant, 15.000 Wohnungen und Häuser zu bauen, etwa 53.000 Menschen mit fließendem Wasser zu versorgen und 12.500 ans Abwassersystem anzuschließen. In einer Großoffensive sollen 420.000 Paraguayer Ausweispapiere erhalten - um endlich alle Rechte als Bürger des Landes wahrnehmen zu können.

Lugo hat zu einem «Sozialpakt» aufgerufen: Alle sollen gemeinsam für eine bessere Zukunft des Landes arbeiten. Im April werde eine Gesprächsrunde mit Journalisten, Parlamentariern, Vertretern von Parteien, Universitäten, Bauernorganisationen und der Kirche beginnen, kündigte Lugo an. Das ist auch notwendig. Denn Lugo braucht die Unterstützung einer breiten Öffentlichkeit; im Kongress hat er keine Mehrheit und auch die Justiz ist ihm nicht durchweg wohlgesonnen - um einige der Ziele des Sozialplans finanzieren oder gesetzlich umsetzen zu können, braucht er beide. Durch den Kinderskandal hat jedoch die Glaubwürdigkeit des Staatschefs gelitten.