Südafrika ist auch literarisch reich

Der Regenbogen verblasst

Nelson Mandela wünschte sich Südafrika als "Regenbogennation", in der Menschen verschiedener Herkunft und Hautfarbe friedlich zusammenleben. Das Land, in dem in wenigen Tagen die Fussball-WM beginnt, hat zwar die Apartheid überwunden - doch der Weg zu einer multikulturellen Gesellschaft ist steinig. Das zeigt auch ein Blick in die Literaturlandschaft.

 (DR)

Ein scharfer Gegensatz zwischen Arm und Reich, Kriminalität, Gewalt und eine ungezähmte Aids-Epidemie prägen die Gesellschaft. Schriftsteller wie John M. Coetzee, Nadine Gordimer oder Damon Galgut haben diese Spannungen zu vielfältiger Literatur verarbeitet.

Gleich mit zwei Literaturnobelpreisträgern kann das moderne Südafrika aufwarten, beide von weißer Hautfarbe, aber der Anti-Apartheid-Bewegung eng verbunden. Gordimer, die große alte Dame der südafrikanischen Literatur, erhielt den Preis bereits 1991 für ihren Widerstand gegen die Rassentrennung, der - mitunter ironisch - das Grundthema ihrer Romane bildet. 2003 durfte ihr Kollege John M. Coetzee ihr in den Olymp der Schriftsteller folgen. Sein aktueller Roman "Sommer des Lebens" schließt eine Trilogie ab, in der er sich literarisch mit seinem Werdegang im Apartheid-Südafrika auseinandersetzt.

Zu den Klassikern südafrikanischer Autoren, die in Englisch und Afrikaans veröffentlichen, zählt Andre Brink, der sich mit der Geschichte der Kolonialisierung seines Landes auseinandersetzt und der schwarzen Bevölkerung Gesicht und Stimme verleiht. Sein neuer Roman "Kupidos Chronik" erzählt die bewegende Geschichte des ersten schwarzen Missionars Südafrikas. Damon Galgut, geboren 1963 und damit eine der jungen Stimmen Südafrikas, thematisiert in seinen Romanen die veränderten politischen Verhältnisse und deren Auswirkungen insbesondere auf die weiße Bevölkerung.

Diskriminiert wurden auch Inder
Die Suche nach ins Deutsche übersetzten schwarzafrikanischen Autoren gestaltet sich mühsam. Selbst der Unionsverlag, Peter Hammer oder Lamuv bieten nur wenig. Immerhin verlegt der Unionsverlag Werke von Zakes Mda, der zu den bedeutendsten Dramatikern seines Landes zählt. Sein Roman "Der Walrufer" spürt den tiefgreifenden Veränderungen in der ländlichen schwarzen Bevölkerung nach, deren Leben noch traditionell geprägt scheint. Bei Peter Hammer und dtv ist jeweils ein Titel des engagierten Journalisten und Autors Lewis Nkosi zu finden, der bereits in den 60er Jahren für die legendäre Zeitschrift "Drum" schrieb, die vor ihrem Verbot Sprachrohr einer lebendigen schwarzen Subkultur war.

Diskriminiert wurden zu Zeiten der Apartheid auch Inder und die coloured people. Rayda Jacobs verleiht diesen Südafrikanern eine eigene Stimme. In seinem aktuellen Roman "Bekenntnisse einer Spielerin" lässt sich eine wache, unabhängige Muslima respektlos über die Männer, das Leben und ihre Spielsucht aus.

Der Krimi als Säule
Der Kriminalroman ist nach wie vor eine der Säulen südafrikanischer Literatur, die deutsche Leser ganz besonders in ihren Bann zieht. Roger Smith hat mit seinen beiden ersten Romanen "Kap der Finsternis" und "Blutiges Erwachen" gleich zwei Bestseller in Folge hingelegt, die ihren Lesern starke Nerven abverlangen. Sein von Gewalt und Aussichtslosigkeit geprägtes Gesellschaftsbild, in dem Schwarze und Weiße, Arme und Reiche gleichermaßen schlecht wegkommen, zeigt die düstere Seite Südafrikas.

Als einer der besten Thrillerautoren gilt Deon Meyer aus Kapstadt, der, so die Wochenzeitung "Die Zeit", "ein überragend spannender Chronist einer schuldbeladenen Gesellschaft im Aufbruch" ist. Und dann wäre da noch Andrew Brown, der als Anwalt und Reservepolizist mit "Schlaf ein, mein Kind" ebenfalls den Finger in die Wunden der aus den Fugen geratenen Gesellschaft legt. Offensichtlich bietet die gewaltbereite Grundstimmung in den Townships, die wie ein Krebsgeschwür in alle Gesellschaftsschichten vordringt, den Kriminalschriftstellern Steilvorlagen für spannende Plots.

Beate Mainka  (KNA)