Streit über Reform des Einwanderungsrechts in den USA verschärft sich

Harte Maßnahmen und Kirchenproteste

In den USA verschärft sich der Streit um die Reform des Einwanderungsrechts. Da derzeit in den Parteien der Vorwahlkampf für Gouverneurswahlen und den Kongress im November läuft, haben einige Republikaner ausländerfeindliche Konzepte präsentiert, um bei rechten Anhängern zu punkten.

Autor/in:
Konrad Ege
 (DR)

Im Bundesstaat Arizona schlug der republikanische Kandidat für das Gouverneursamt, Dean Martin, die Einrichtung von Gefangenenzeltlagern für "illegale Einwanderer" vor. Tom Mullins, Anwärter auf das Repräsentantenhaus, brachte die Idee ins Spiel, die Grenze zu Mexiko zu verminen.

Arizona, ein Bundesstaat im Südwesten der USA mit einer 600 Kilometer langen Grenze zu Mexiko, spielt in der Einwanderungsdebatte eine entscheidende Rolle. Nach einem im April beschlossenen Gesetz darf die Polizei in Arizona bei "angemessenem Verdacht" des illegalen Aufenthalts Passanten anhalten und sogar festnehmen, um die Staatsangehörigkeit oder die Aufenthaltsgenehmigung zu prüfen. Bürgerrechtler sehen in dem Gesetz eine Maßnahme, die an "Apartheid" erinnert.

Obama greift ein
Vertreter des US-Justizministeriums erklärten am Wochenende im Sender CNN, US-Präsident Barack Obama werde vor Gericht gehen, um das Gesetz zu stoppen. Nach Ansicht von Rechtsexperten verstößt es gegen das Verfassungsprinzip, dass die nationale Regierung bei Einwanderungsfragen das Sagen hat, und nicht die Bundesstaaten. Arizonas Gouverneurin Jan Brewer protestierte scharf gegen die Intervention aus Washington. Arizona habe handeln müssen, weil die nationale Regierung zu wenig tue, um die Grenzen zu sichern und "Gesetzlosigkeit" und Kriminalität zu stoppen.

Präsident Obama ist unter Zugzwang. Im Mai hat er zusätzliche 1.200 Soldaten der Nationalgarde zur Grenzsicherung abgestellt. Anfang Juni erschossen US-Grenzbeamte einen mexikanischen Jugendlichen, der Steine auf sie geworfen hatte.

Rund elf Millionen Menschen leben ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung in den USA, etwa 500.000 davon in Arizona. Eine seit Jahren diskutierte Reform scheiterte bisher vor allem an der Frage, was mit den Migranten geschehen soll, die bereits illegal in den USA sind. Republikanische Politiker wollen sie nicht mit einer Aufenthaltsgenehmigung "belohnen".

Kirchen sind gegen Pläne
Die Kirchen sind zunehmend gegen verschärfte Einwanderungskontrollen ohne eine gleichzeitige Reform und die Möglichkeit für "Illegale" zum legalisieren ihres Aufenthaltes. Einig seien sich darin offenbar selbst Vertreter des "Nationalen Verbandes der Evangelikalen", des ökumenischen Nationalen Kirchenrates und die römisch-katholische Bischofskonferenz, erklärte der Politikforscher E.J. Dionne vom Think Tank "Brookings Institution." Der 30 Millionen Mitglieder starke Evangelikalen-Verband forderte in einer Resolution eine Einwanderungsreform. Eine solche Reform müsse Illegalen zudem dabei helfen, "legal" zu werden.

Die katholische Kirche habe sich immer für Immigranten eingesetzt, die seit vielen Jahrzehnten in die USA kommen, für die Iren, die Italiener, die Osteuropäer und jetzt eben die aus Lateinamerika, betonte Kevin Appleby von der katholischen Bischofskonferenz. Allerdings finden die Worte von den Kanzeln nicht immer eine entsprechende Resonanz in den Kirchenbänken. Nach Umfragen befürworten rund 60 Prozent der US-Amerikaner "Arizona-ähnliche" Gesetze.

Die leitende Bischöfin der anglikanischen US-Episkopalkirche, Katharine Jefferts Schori, erklärte, die "Einwanderungskrise" stamme von der großen wirtschaftlichen Ungleichheit zwischen armen und reichen Nationen. Viele US-Amerikaner fühlten sich von der Einwanderung bedroht.

Der schwierige Spagat zwischen der staatlichen Notwendigkeit des Grenzschutzes und einem humanen Umgang mit Migranten zeigte sich in einem am Wochenende in der "New York Times" aufgedeckten Vorfalls: Eine New Yorkerin hatte im Mai an das Weiße Haus geschrieben, ihr Ehemann aus Kamerun sei illegal in den USA und habe Schwierigkeiten, seinen Status in Ordnung zu bringen. Obama möge bitte helfen.

Ein paar Tage danach wurde der Ehemann von zwei Beamten der Einwanderungsbehörde festgenommen und in Abschiebehaft gesteckt. Nachdem die "Times" die Angelegenheit ans Licht brachte, wurde der Kameruner wieder aus der Haft entlassen. Mit einer elektronischen Fußfessel freilich. Ein Sprecher der Einwanderungsbehörde sagte der "Times", die Festnahme entspreche nicht den "Prioritäten" der US-Regierung.