Missbrauchsopfer fordern Entschädigung

Jesuitenorden in der Kritik

Kritik an den Jesuiten: Eine Vereinigung von Patres missbrauchter ehemaliger Schüler wirft dem Orden und der Kirche "Verzögerungstaktik" vor. Die Opfergruppe "Eckiger Tisch" fordert konkrete Vorschläge für eine finanzielle Entschädigung.

 (DR)

Für den erlittenen Missbrauch müsse es endlich ein "signifikantes Zeichen der Reue geben", erklärte der Sprecher der Vereinigung, Matthias Katsch, am Montag in Berlin. In der Gruppe "Eckiger Tisch" haben sich Missbrauchsopfer aus Jesuiten-Einrichtungen in ganz Deutschland zusammengeschlossen.

"Wir sind ungeduldig und zornig", sagte Katsch. Seit dem Treffen von Betroffenen und Vertretern des Ordens am "Eckigen Tisch" Ende Mai habe es zwar "positive Signale", aber keine Antwort auf die Forderungen der Opfer gegeben. Er warf dem Orden eine Verzögerungstaktik vor. So sei es wenig zielführend, dass der Orden für mögliche Entschädigungszahlungen die Ergebnisse des von der Bundesregierung eingesetzten Runden Tisches gegen Missbrauch abwarten wolle. Auch der jüngste Brief von Jesuitenprovinzial Stefan Dartmann an die Opfer enthalte keine konkreten Angaben, so Katsch.

Zugleich sei der derzeitige Zustand für die Opfer schwer erträglich, so Katsch weiter. Einerseits signalisierten die Jesuiten, dass sie das zugefügte Leid und die Forderungen der Opfer nachvollziehen könnten. Andererseits trauten sie sich aber nicht, einen Vorschlag vorzulegen.

Ein "substanzieller Beitrag"
Zur Frage nach der Höhe der finanziellen Entschädigung sagte Katsch, der "Eckige Tisch" habe seine Forderungen nicht beziffert. Es müsse aber ein "substanzieller Beitrag" sein. Orientieren könnte man sich an einem Modell der österreichischen Kirche, die einen Opferfonds aufgelegt habe und Zahlungen zwischen 5000 und 25 000 Euro leisten wolle. Allerdings lehne die deutsche Gruppe eine Staffelung nach der Schwere des Missbrauchs "nachdrücklich" ab. Auch für Andrea Fischer von eine "abenteuerliche Vorstellung".

Die Ex-Ministerin, die Mitte Juli auf Bitten der Opfer einen Sonderbericht zum Missbrauch beim Jesuiten-Orden vorgelegt hatte, sagte, sie empfehle dem Orden, in der Frage der finanziellen Entschädigung nicht auf das Ergebnis des "Runden Tisches" zu warten. Auch wenn die damit einhergehende finanzielle Belastung "nicht einfach" sei, sollte eine "angemessene Reaktion" erfolgen und "symbolisch Sühne" geleistet werden.

Nach Einschätzung Fischers hat der Orden als "pädagogische Institution und moralische Instanz versagt". Das betreffe vor allem die damaligen leitenden Mitarbeiter, die zum Beispiel Täter nach Missbrauchsvorwürfen versetzt hätten, wo sie häufig weiterhin mit Kindern und Jugendlichen zu tun hatten. Nachforschungen seien nicht angestellt und die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet worden. Als eine der wesentlichsten Konsequenzen müsse darüber nachgedacht werden, wie man künftig ein Gespür für das Thema entwickeln und angemessen reagieren könne. Eine Verharmlosung solcher Taten - wie in der Vergangenheit - müsse verhindert werden.

Nach einem im Mai veröffentlichten Zwischenbericht der Beauftragten für sexuellen Missbrauch des deutschen Jesuitenordens, Ursula Raue, gab es in den Einrichtungen des Jesuitenordens in den vergangenen Jahrzehnten mehr als 200 Fälle von Misshandlungen und sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen.