Ägypten vor den Parlamentswahlen

"Die Resignation ist sehr groß"

Am Sonntag wählt Ägypten ein neues Parlament. Doch wirklich Neues ist nicht zu erwarten, erinnert Wolfgang Mayer von der Hans-Seidel-Stiftung im Interview mit domradio.de an nicht gehaltene Versprechen der vorangegangenen Abstimmung. Die Resignation im Volk sei sehr groß. Vor allem die unter den Christen des Landes.

 (DR)

Zunehmende Gewalt gegen koptische Christen im Vorfeld der Wahlen beklagte in dieser Woche bereits die Gesellschaft für bedrohte Völker. Mit größter Brutalität habe die Polizei eine friedliche Protestdemonstration von Kopten gegen das Bauverbot einer Kirche in Kairo aufgelöst. Dabei seien am Vortag ein Christ getötet und etwa 20 weitere verletzt worden. 93 Kopten seien festgenommen worden.



"Die ägyptische Regierung scheint auf dem Rücken der christlichen Minderheit Wahlkampf im mehrheitlich muslimischen Land zu betreiben", sagte der Nahost-Referent der GfbV, Kamal Sido. Den Angaben zufolge hat währenddessen die demokratische Opposition unter dem Friedensnobelpreisträger Mohammed el Baradei aus Protest gegen die Wahlbedingungen zum Wahlboykott aufgerufen. Die Gegenparteien seien stark benachteiligt; daher sei die Wahl weder fair noch demokratisch.



Die Opposition wurde im Vorfeld der Wahl bereits massiv daran gehindert, Wähler zu mobilisieren. Kandidaten wurden verhaftet, Wahlwerbung in den Medien nicht zugelassen und die Versendung elektronischer Botschaften per Mobiltelefon eingeschränkt. Die christliche Minderheit der Kopten stellt mit acht bis zehn Millionen Menschen etwa ein Zehntel der rund 83 Millionen ägyptischen Staatsbürger. Zudem gibt es kleine Gemeinschaften koptischer Katholiken, griechisch-orthodoxe, griechisch-katholische und protestantische arabische Christen.



Seit 1967 Ausnahmezustand

Insgesamt habe die Bevölkerung das Vertrauen in die Regierung verloren, sagte am Freitag gegenüber domradio.de der in Kairo lebende Deutsche Hans Mayer von der Hans-Seidel-Stiftung. Schon bei den letzten Wahlen sei versprochen worden, dass soziale Veränderungen und Reformen eingeleitet werden. Dies war leider nicht der Fall. Das Volk leide unter erhöhten Lebensmittelpreisen und einem maroden Erziehungs- und Krankenhauswesen. "Die Resignation sei sehr groß."



Seit 1967 herrscht in Ägypten Ausnahmezustand, der 1980/81 kurz Zeit aufgehoben war, doch nach der Ermordung von Präsident Sadat wieder eingeführt wurde. Seitdem wird er regelmäßig verlängert. Die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch spricht von einem "gebrochenen Versprechen", nachdem Präsident Hosni Mubarak bereits vor fünf Jahren die baldige Aufhebung des Ausnahmezustandes angekündigt hatte.