Gute Atmosphäre bei Verhandlungen aber bislang wenig greifbare Ergebnisse

Endspurt Cancún

Auf der Weltklimakonferenz im mexikanischen Cancún sind die Beratungen auf Ministerebene fortgesetzt worden. Ein Streitpunkt ist die Fortführung des 2012 auslaufenden Kyoto-Protokolls, mit dem sich die Industrieländer, ohne die USA, zu einer Reduzierung des Treibhausgas-Ausstoßes verpflichteten.

 (DR)

Mit den Verhandlungen auf Ministerebene ist die Klimakonferenz im mexikanischen Cancún in die Schlussphase eingetreten. Teilnehmer beschrieben die Atmosphäre zu Beginn der zweiten Verhandlungswoche allgemein als gut, inhaltlich zeichneten sich am Dienstag jedoch kaum greifbare Ergebnisse ab. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eröffnete am Dienstagnachmittag die Ministerrunde mit einem eindringlichen Appell zu mehr Anstrengungen beim Klimaschutz.



Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) schloss ein Scheitern der Konferenz nicht mehr aus. Er könne nicht garantieren, "dass wir mit einem Ergebnis nach Hause fahren", sagte Röttgen am Dienstag in Cancún. "Es gestaltet sich schwierig, hier in den einzelnen Bereichen zu Ergebnissen zu kommen", sagte er und verwies darauf, dass nicht einmal in Verfahrensfragen Einigkeit herrsche. So gebe es immer noch keinen Textentwurf für eine Abschlusserklärung. Gleichwohl lobte der Minister die konstruktive Atmosphäre der Verhandlungen.



Röttgen appellierte insbesondere an die USA und China, sich auf konkrete Schritte im Kampf gegen den Klimawandel einzulassen. "Wir werden das Ziel nur gemeinsam erreichen unter Beteiligung der großen Emissionsländer USA und China", sagte der Minister.



"Jedes Land muss und kann mehr tun"

Auch der UN-Generalsekretär machte deutlich, dass jedes Land seinen Beitrag leisten müsse. Er sei sich dessen bewusst, dass die einzelnen Staatschefs in ihren Ländern mit politischen und wirtschaftlichen Forderungen konfrontiert seien, sagte Ban. Dennoch betonte er: "Jedes Land muss und kann mehr tun." Das Zeitfenster sei dabei, sich zu schließen, sagte er und verwies auf Berechnungen des Weltklimarats IPCC, wonach der Höhepunkt der weltweiten CO2-Emissionen noch in diesem Jahrzehnt überschritten werden müsse. Es gehe darum, die Menschen vor den Folgen eines "unkontrollierten Klimawandels" zu schützen.



Die EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard mahnte, die versammelten Unterhändler könnten es sich nicht leisten, Cancún mit leeren Händen zu verlassen. Zugleich mahnte sie, dass es leicht sei, den UN-Prozess, der Einstimmigkeit erfordert, zu kritisieren. Allerdings gebe es keine Alternative. "Wir müssen beweisen, dass dieser Prozess auch zu Fortschritten führt", sagte sie.



Der mexikanische Präsident Felipe Calderón forderte ein "ausgewogenes Paket", das die Grundlage für weitere Fortschritte bilden solle. Die Welt könne nicht länger warten, mahnte er. Andernfalls werde der Klimawandel den weltweiten Wohlstand weiter beeinträchtigen. Das Ergebnis der bisherigen Verhandlungen bezeichnete er jedoch als "ermutigend".



Britisches Beratergremium legt ehrgeizige Ziele zur CO2-Reduktion vor

Allgemein als positiv bewertet wurde in Cancún das Zugeständnis Chinas, seine bislang freiwilligen Zusagen zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes überprüfen zu lassen. Der deutsche Unterhändler Karsten Sach, Unterabteilungsleiter im Bundesumweltministerium, verwies darauf, dass sowohl China als auch die USA bestrebt seien, "nicht als Dichotomie wahrgenommen zu werden, sich nicht gegenseitig zu beschuldigen".



Ein Impuls für die Verhandlungen kam auch aus Großbritannien. Das Committee on Climate Change, das die britische Regierung berät, stellte am Dienstag einen Bericht vor, in dem die Gutachter der Regierung bis 2030 eine Reduktion der Treibhausgase um 60 Prozent im Vergleich zu 1990 empfehlen. Zum Vergleich: Deutschland hat sich in seinem Energiekonzept das Ziel gesetzt, die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu drosseln. Zugleich enthält der Bericht Empfehlungen an die EU, den Treibhausgasausstoß bis 2020 um 30 Prozent und bis 2030 um 55 Prozent zu senken.



"Nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit"

Röttgen räumte ein, dass EU ihr Ziel, die CO2-Emissionen bis 2020 um 20 Prozent zu drosseln und dieses Angebot nur dann zu erhöhen, falls andere Industriestaaten vergleichbare Angebote machen, hätte "anspruchsvoller gestalten können".



Die Frage in Cancún sei jedoch, wie es mit dem Kyoto-Protokoll weitergehe, sagte der Minister weiter. Vor allem die Schwellen- und Entwicklungsländer fordern eine zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls. Einige Industriestaaten lehnen dies jedoch ab, darunter auch Japan, wo das Protokoll 1997 ausgehandelt worden war. Deutschland und die EU sind grundsätzlich zu einer Neuauflage des Abkommens bereit, wenn sich andere große Treibhausgas-Produzenten wie etwa China oder die USA zu ähnlichen Anstrengungen verpflichten. Röttgen betonte, dies sei "nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit", "das ist einfach notwendig, um das Problem zu lösen".