Proteste in Ägypten: Enttäuschung in Deutschland über Mubarak-Rede

"Das reicht nicht"

Nach der Rede des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak zu seiner politischen Zukunft hat die Bundesregierung Verständnis für die Enttäuschung der Demonstranten und der Demokratiebewegung gezeigt. In Kairo gingen auch am Freitag wieder Hunderttausende auf die Straßen.

 (DR)

Was Mubarak am Donnerstagabend in Aussicht gestellt habe, "das reicht nicht", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Außenminister Guido Westerwelle äußerte sich besorgt. Die Rede Mubaraks werde "zu keine Befriedung" der Situation führen, sagte der Vizekanzler im ZDF.



Regierungssprecher Seibert wertete es zumindest als positiv, dass Mubarak ein baldiges Ende des Ausnahmezustands angekündigt habe. Auch habe er eingewilligt, einzelne Verfassungsbestimmungen ändern zu wollen. "Aber dieses Signal reicht nicht, um die Menschen auf dem Tahrir-Platz, und nicht nur dort, zu befriedigen."



Die aktuelle Entwicklung gebe Anlass zur Hoffnung, mache der Bundesregierung aber auch Sorgen, sagte Seibert. "Sorgen darum, dass die Proteste friedlich bleiben und dass man sie vor allem auch friedlich und weiter gewaltfrei zulässt." Seibert sprach "die dringende Aufforderung der Bundesregierung an die ägyptischen Sicherheitskräfte" und die Regierungsverantwortlichen aus, "nicht gewaltsam gegen friedliche Demonstranten vorzugehen".



Westerwelle rief das ägyptische Regime ebenfalls zum Gewaltverzicht auf. Das bedeute, dass Demonstranten "nicht niedergeknüppelt werden, dass sie keine Gewalt fürchten müssen und dass die Sicherheitsbehörden diese Demonstration auch schützen".



Bundesregierung setzt auf Weg Ägyptens zur Demokratie



Seibert betonte, für die Bundesregierung bleibe es auch nach Mubaraks Rede dabei: Entscheidend sei, dass der Weg in die Demokratie in Ägypten auch wirklich gegangen werde. Die Menschen dort demonstrierten für Ideale, "die auch absolut unsere Ideale sind".



Dabei gehe es "nicht so sehr darum", dass man von Berlin aus bestimme, "wer ist die Person, die diesen Übergangsprozess jetzt in die Hände nimmt. Uns geht es darum, dass dieser Übergangsprozess unumkehrbar begonnen wird."



Die SPD-Bundestagsfraktion bedauerte, dass Mubarak sich nicht zum Rücktritt oder wenigstens zu einem eindeutigen Signal für einen baldigen Machtverzicht ausgesprochen habe. Dies hat bei den Demonstranten für den anstehenden Reformprozess zu großer Enttäuschung geführt und Instabilität gefördert, sagte der SPD-Außenexperte Günter Gloser.



Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sprach von einem "Schauspiel", das Mubarak am Donnerstag geboten habe. Dies sei von den Demonstranten eindeutig abgelehnt worden. Auch Trittin setzt auf Gewaltverzicht des Regimes. Der "Nicht-Rücktritt" von Mubarak habe die Gefahr einer gewalttätigen Eskalation erhöht.



Der stellvertretende Linke-Fraktionschef Jan van Aken warf Mubarak vor, an der Macht zu kleben. Damit werde der Präsident zur größten Belastung für die Zukunft seines Landes. Wenn das Militär das weiter toleriere und einen Reformprozess unter der Führung des alten Regimes unterstütze, drohe in Ägypten ein blutiger Bürgerkrieg, erklärte van Aken.