Adveniat fordert Schutz für Urvölker am Amazonas

"Der Lebensraum wird plattgemacht"

Isolierte Amazonasvölker, wie das in dieser Woche von brasilianischen Behörden gemeldete, sind vom Aussterben bedroht. Der Lebensraum der Urvölker werde "plattgemacht", sagte Adveniatreferent Norbert Bolte im domradio.de-Interview. Das Lateinamerikahilfswerk der katholischen Kirche setzt sich für den Schutz der Indios ein.

 (DR)

Brasiliens Indiobehörde FUNAI hatte am Dienstagnachmittag (Ortszeit) erklärt, eine Gruppe von 200 Indios entdeckt zu haben, die bisher noch keinen Kontakt mit der modernen Welt hatte. Satelliten- und Luftaufnahmen hätten Belege für die Gruppe geliefert, die in der Region Vale do Javari im Westen des Amzonasbeckens nahe der Grenze zu Peru lebt.



Bolte: Großbauprojekte entziehen Lebensgrundlage

Als lebensbedrohlich bewertete Adveniatreferent Norbert Bolte die Bedingungen für indigene Völker. Großbauprojekte wie Staudämme oder Straßen an Land und zu Wasser entzögen ihnen die Lebensgrundlage. "Das Agrobusiness (Anm. d. Red.: die industrielle Landwirtschaft) breitet sich immer weiter aus und bedroht das Land, auf das die Menschen angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften", so Bolte. Er war im Mai in Brasilien, um sich unter anderem über den Schutz indigener Völker zu informieren.



"Es werden Flüsse umgeleitet oder es werden Flüsse aufgestaut. Die Indianer können nicht mehr ihrer traditionellen Jagd nachgehen. Sie können auch nicht mehr in Ruhe, wie sie es über Jahrhunderte gewohnt waren, ihre Dinge anbauen", erklärte der Bolte. Er sieht sowohl die Regierung von Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff in Verantwortung als auch die Privatwirtschaft. Die Straßenprojekte zielten darauf ab, etwa billige Sojaprodukte oder Baumwolle zu transportieren.



Brasilianische Bischöfe versichern indigenen Völkern ihre Solidarität

Die brasilianischen Bischöfe haben den indigenen Völkern ihre Solidarität versichert. "Wir nehmen erneut das Leiden und die Ungerechtigkeit zur Kenntnis, welche den indigenen Völkern unseres Landes widerfahren. Daher können wir nicht anders, als ebenso solidarisch wie beschämt  auf die schlimme Situation zu reagieren, in der sich so viele unserer Brüder befinden", hieß es in einer im Mai veröffentlichten Erklärung der brasilianischen Bischofskonferenz. Viele indigene Gemeinden seien unablässigem Druck ausgesetzt, ihr Land werde nicht anerkannt, ihre Anführer erhielten Morddrohungen oder würden willkürlich verhaftet, ihr Kampf um ihre verfassungsrechtlich geschützten Rechte werde kriminalisiert.



Die Indiobehörde FUNAI versprach die Region mit dem entdeckten Urvolk zu schützen. Laut FUNAI gibt es Indizien, dass in dem Gebiet des Vale do Javari bis zu 14 isolierte Gruppen leben. Damit ist die Region weltweit das Gebiet mit der größten Anzahl isolierter Urbewohner. Zu ihrem Schutz ist das Gebiet zu Indioland erklärt worden. Allerdings würden die Bewohner von weißen Siedlern bedroht, die illegal in das Gebiet eindringen, so die Indiobehörde.



Insgesamt leben in Brasilien nach Angaben von Adveniat rund 250 indigene Völker mit etwa 750.000 Menschen. Sie leben unter sehr unterschiedlichen Bedingungen. Etwa 90 Völker leben wie die nun von der Indiobehörde gemeldete Gruppe in großer Isolation, eine weitere größere Gruppe habe immer wieder gesellschaftliche Kontakte und  einige lebten inzwischen in städtischen Regionen.