Millionen Hungernde am Horn von Afrika brauchen dringend Hilfe

Die hausgemachte Katastrophe

Für die Vereinten Nationen ist es die schlimmste humanitäre Katastrophe der Welt: In Ostafrika hungern zurzeit Millionen Menschen. Die Not in der Region ist nicht neu, Helfer machen die Regierungen für die Krise jetzt verantwortlich.

 (DR)

Nicht nur die anhaltende Dürre, sondern auch eine verfehlte Agrarpolitik, Bürgerkriege und fehlendes Engagement der Industrieländer hätten zu der Notlage geführt, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker am Dienstag (12.07.2011). Zehntausende Nomaden seien am Horn von Afrika vom Hungertod bedroht.



Die Ernährungskrise trifft nach UN-Angaben insgesamt zwölf Millionen Menschen. Lage in Somalia. Seit November warnten Experten vor der drohenden Katastrophe. "Doch das beste Frühwarnsystem hilft nichts, wenn die internationale Gemeinschaft erst auf die Fotos von abgemagerten Kindern reagiert", kritisierte Ulrich Delius, Afrika-Referent der Gesellschaft für bedrohte Völker.



Damals wäre nach seinen Worten noch Zeit gewesen, die Viehherden der Nomaden mit Futter zu versorgen. Das Vieh hätte dann weiter Milch geliefert. So hätten die Hirten Geld für den Erwerb anderer Nahrungsmittel verdienen können. Wenn die Tiere jetzt verhungerten oder verdursteten, stünden die Nomaden vor dem Nichts. Laut Delius gingen auch Hunderttausende Hektar Weideland in Nordostafrika verloren, weil Behörden es für Agrarprojekte vergaben. Viele Regierungen hätten sich immer noch nicht auf die Lebensweise von Nomaden eingestellt.



Der Strom der Hungerflüchtlinge aus Somalia wächst

Unterdessen wächst der Flüchtlingsstrom aus Somalia. Täglich schleppen sich laut den Vereinten Nationen rund 3.000 unterernährte, durstende und total erschöpfte Somalier nach Äthiopien und Kenia.



UN-Hilfswerke bemühen sich unterdessen um einen Zugang zu den Dürregebieten im Süden Somalias. Das Welternährungsprogramm (WFP) verhandle derzeit mit den dortigen Machthabern, sagte der Leiter des Berliner WFP-Büros, Ralf Südhoff, dem epd. "Wir mussten unsere Aktivitäten dort Anfang 2010 aussetzen, weil gezielt WFP-Mitarbeiter getötet wurden", sagte er. Der Ausgang der Verhandlungen sei offen.



Große Teile Somalias werden von islamistischen Milizen beherrscht, die international anerkannte Übergangsregierung kontrolliert nur einen kleinen Teil des Landes. Laut Südhoff kann das Welternährungsprogramm wegen der schwierigen Sicherheitslage auch in der Hauptstadt Mogadischu nur auf sehr niedrigem Niveau Hilfsgüter verteilen.



Spenden notwendig

Für eine erste Linderung sind nach Einschätzung der Vereinten Nationen rund 500 Millionen US-Dollar (rund 360 Millionen Euro) bis zum Ende des Jahres notwendig. Bislang fehlten noch 40 Prozent der Hilfsgelder für den Einsatz, sagte der deutsche Sprecher des Welternährungsprogramms (WFP), Ralf Südhoff, am Dienstag im Deutschlandradio Kultur.



Die UN hätten den Staaten die Notlage detailliert beschrieben. Dennoch fließe nicht automatisch die Hilfe, beklagte Südhoff. Präventive Hilfe sei nur sehr schwer zu bekommen. Öffentliche Geldgeber und private Spender würden auf die Warnung einer drohenden Katastrophe nur ungern aktiv. Eine schleichende Katastrophe wie in Somalia sei nicht so spektakulär wie ein Erdbeben oder eine Flut.



Auch der Afrika-Beauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), rief zu Spenden auf. "Am Ende werden wir uns nicht entziehen können", sagte Nooke im Deutschlandfunk. "Menschen verhungern zu sehen und einfach verhungern zu lassen, das geht nicht."



Das Problem der Korruption

Zugleich bezeichnete auch Nooke die Probleme als hausgemacht. Vorräte seien nicht angelegt worden, die Logistik stimme nicht und die Nahrungsmittel seien nicht von einem Teil des Landes in andere Landesteile zu transportieren. Auch das Thema Korruption müsse angesichts der Hungerkatastrophe angesprochen werden, sagte Nooke.



Aufgrund einer der schwersten Dürren der vergangenen Jahrzehnte am Horn von Afrika sind in den vergangenen Wochen Hunderttausende Menschen aus Somalia in die Nachbarländer Kenia und Äthiopien geflohen.