Bei der PID-Umsetzung sind noch viele Details zu klären

Noch offene Fragen

Nach einer begrenzten Zulassung der Präimplantationsdiagnostik durch den Bundestag sind nun noch viele Details zu klären. Dabei wird sich entscheiden, wie weit die Begrenzung - von der viele Abgeordnete ihre Zustimmung abhängig machten - tatsächlich reicht.

Autor/in:
Christoph Scholz
 (DR)

Das Bundesgesundheitsministerium erarbeitet hierzu derzeit federführend eine Verordnung. Als "Einspruchsgesetz" wird das Gesetz zur PID voraussichtlich am 23. September im Bundesrat behandelt. Nach Ausfertigung durch Bundespräsident Christian Wulff ist mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt im Oktober zu rechnen.



Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), bezeichnete die Verordnung bereits als "zahnlosen Tiger". Um klare Vorgaben machen zu können, hätte gesetzlich geregelt werden müssen, was lebenswert ist und was nicht, sagte Zöller den Zeitungen der Essener WAZ-Mediengruppe am Montag. Die PID ist umstritten, weil Mediziner künstlich erzeugte Embryonen in der Petrischale auf Erbkrankheiten untersuchen und gegebenenfalls vernichten.



Und die "überzähligen Embryonen"?

Offen ist zunächst, welche Form der PID künftig in Deutschland Anwendung finden soll. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs, das das Gesetzgebungsverfahren erst ins Rollen brachte, ist "eine PID an totipotenten Zellen" laut Embryonenschutzgesetz "eindeutig untersagt und mit Strafe bedroht". Erlaubt wäre damit nur die Diagnose mit pluripotenten Zellen, aus denen sich im Unterschied zu totipotenten kein Mensch entwickeln kann. Der Wortlaut des PID-Gesetzes lässt aber eine Verwendung totipotenter Zellen zu.



Ungeklärt ist ferner, was mit den "überzähligen Embryonen" einer PID geschehen wird. Die Methode erfordert mindestens acht Embryonen. Derzeit erlaubt der Gesetzgeber aber nur die Herstellung von drei Embryonen, die auch alle einzupflanzen sind. Zöller verlangt deshalb, das Embryonenschutzgesetz zu überarbeiten.



Um eine Eingrenzung will sich auch der Präsident der Bundesärztekammer, Frank-Ulrich Montgomery, bemühen: Die PID solle kein "Routineverfahren der In-vitro-Fertilisation" werden und nur für "wenige und ganz bestimmte Indikationen" gelten. Das Gesetz gibt aber keine Liste von Krankheiten vor. Voraussetzung ist nur die "hohe Wahrscheinlichkeit für eine schwerwiegende Erbkrankheit". Die schwammige Begrifflichkeit eröffnet weite Ermessenspielräume: Wie steht es etwa um Krankheiten, die erst in der Mitte des Lebens ausbrechen?



Und der der Umgang mit Nebenbefunden?

Entscheiden sollen dies Ethikkommissionen, über deren Zusammensetzung ebenfalls noch zu befinden ist. Wer sind die Mitglieder: nur Ärzte oder auch Ethiker, Juristen oder Vertreter von Lebensrechts- und Behindertenverbänden? Eine Grenzziehung wird noch aus einem weiteren Grund schwierig. Die PID soll auch erlaubt sein, wenn eine "schwerwiegende Schädigung" vorliegt, die wiederum "mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen wird". Auf diesen Rechtsanspruch können sich potenziell alle Frauen über 35 Jahren berufen. Sie bilden auch die Hauptklientel einer künstlichen Befruchtung. Deshalb sprechen Kritiker von einem Dammbruch, der im Gesetz selbst angelegt sei.



Unklar bleibt auch der Umgang mit Nebenbefunden. Bei der Pränataldiagnostik etwa verbietet der Gesetzgeber die Bestimmung des Geschlechts. Was geschieht aber in der Praxis, wenn bei der PID ein Downsyndrom diagnostiziert wird - eine genetische Veränderung, die keiner der beiden Vorgaben entspricht? Eine wesentliche Begründung für die Freigabe der PID war bei vielen Abgeordneten, dass so die Abtreibungen zu einem späteren Zeitpunkt verhindert werden könnten. Und die unter der Bezeichnung "Mongoloismus" bekanntere Behinderung gilt häufig als Abtreibungsgrund.



Eine enge Begrenzung der PID wird also kaum möglich sein. Dies war allerdings schon vor der Entscheidung klar. Völlig ungeregelt sind schließlich die Rechte des Vaters. Bislang ist nur die schriftliche Einwilligung der Mutter verlangt, obgleich der Eingriff ja am Embryo stattfindet. Für Auseinandersetzungen dürfte schließlich die Frage sorgen, wer eine PID finanzieren wird.