Schweizer Bischöfe fordern gerechte Verteilung der Güter

Vertrauen in Finanzsystem angekratzt

Die Schweizer Bischöfe üben zum Nationalfeiertag scharfe Kritik am westlichen Finanzsystem. "Mein Vertrauen in unser
Finanz- und Wirtschaftssystem ist angekratzt", erklärt der St. Galler Bischof Markus Büchel im Namen der Bischöfe in der diesjährigen Botschaft. Geld sei nicht dazu da, sich selbst zu vermehren.

 (DR)

Büchel erklärt weiter, es sei sein Eindruck, die internationalen Finanzmärkte führten "weitgehend ein Eigenleben, das von den Bedürfnissen der realen Wirtschaft abgekoppelt und für uns unkontrollierbar ist". Es brauche dringend "Mittel und Wege, das entstandene Ungleichgewicht wieder ins Lot zu bringen". Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre sei es "unverantwortlich, alles so zu lassen, wie es heute ist".



Der Bischof mahnt die Verantwortung der Staaten, der Banken sowie des Einzelnen für die Schuldenkrise an. Man dürfe den Sparhebel nicht bei den Bedürftigen ansetzen, zumal die Einkommen der Bestverdienenden weiter überdurchschnittlich stiegen. Christlicher Umgang mit Geld bedeute, sich für eine gerechte Verteilung der Güter einzusetzen.



Bistümer uneins

Die Wirtschaftskritik Büchels aus christlicher Sicht enthält Schelte, aber auch Zustimmung zu Reformansätzen. Dennoch verzichteten die Bistümer Chur und Sitten auf eine Veröffentlichung auf ihren Internetseiten. Das Bistum Sitten, dessen Diözesanbischof Norbert Brunner derzeit Vorsitzender der Bischofskonferenz ist, veröffentlichte die gemeinsame Botschaft der Bischöfe nicht. Auf der Internetseite des Bistums Chur ist statt des Bischofswortes ein Zitat von Papst Benedikt XVI. aus einer Ansprache aus dem Jahr 2009 zu lesen: "Einige kirchliche Verantwortliche haben in Antwort auf die Erwartungen der öffentlichen Meinung in ethische Debatten eingegriffen; sie haben es aber unterlassen, von bestimmten Grundwahrheiten des Glaubens zu sprechen, wie der Sünde, der Gnade, dem theologalen Leben und den Letzten Dingen (...)."



Dieses Zitat, so der Sprecher der Diözese Chur, Giuseppe Gracia, "spiegelt besser unsere Position in der wirtschaftsethischen Debatte wider". Darüber hinaus habe ihn Bischof Vitus Huonder klar angewiesen, zu der Auseinandersetzung nicht weiter Stellung zu nehmen. Es stelle sich die Frage, zu welchen Themen die Kirche reden müsse, und wo es wichtig sei, den Gläubigen die nötige Freiheit zu lassen.