Bischof Overbeck zum Verhältnis von Staat und Kirche

"Das gibt es so nicht in anderen Ländern"

Seit 1966 lädt der jeweilige Bischof von Essen zu den „Essener Gesprächen zum Thema Staat und Kirche“ ein. Im Interview würdigt Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck das deutsche Modell und kritisiert religiösen Fundamentalismus und Gewalt.

Bischof Franz-Josef Overbeck / © Lödige (DR)
Bischof Franz-Josef Overbeck / © Lödige ( DR )

domradio.de: Steigt das Vertrauen in die Kirche durch Papst Franziskus?

Bischof Overbeck: Es steigt die Aufmerksamkeit für das, was wir als Kirche tun. Überall dort, wo es uns gelingt, vertrauenswürdig zu arbeiten und zu leben, da steigt das Vertrauen. Ansonsten leben wir in Deutschland in einer Gesellschaft, die allen Institutionen gegenüber durchaus mit einem gewissen Misstrauen gegenübertritt. Die Menschen fragen immer erst einmal nach, ob das wirklich stimmt, was die Institutionen tun und ob die Verantwortlichen auch hinter dem stehen, was sie sagen. Ich hoffe, dass es uns Schritt für Schritt gelingt, mehr Vertrauen zu gewinnen. Das ist aber eine Aufgabe, die für die gesamte Gesellschaft in all ihren Institutionen von Bedeutung ist. Sie betrifft natürlich uns als Kirche aber auch Parteien und andere Institutionen.

domradio.de: Wie beurteilen Sie das aktuelle Verhältnis von Kirche und Politik?

Bischof Overbeck: Ich habe den Eindruck, dass die Politik sehr wachsam ist und in vielfacher Weise sehr verantwortet auch fragt, nach welchen ethischen Maßstäben wir entscheiden und handeln. Wir als Kirche bewahren in unserer Botschaft und unserem Leben vieles an ethischen Ressourcen und Sinnfragen auf, auf die wir auch Antworten geben können, die für die Gesellschaft von Bedeutung sind. Und diese Antworten bieten wir den Menschen und auch der Politik an. Wir kommen darüber in einen sehr lebendigen und oft auch konstruktiven Austausch. So können wir die Rolle der Kirche in unserer Gesellschaft gut und verantwortlich ausüben. Dieses besondere Staats-Kirchenverhältnis in Deutschland wird auch auf internationaler Ebene wahrgenommen, das gibt es so nicht in anderen Ländern.

domradio.de: Welche Rolle spielt Religionsfreiheit?

Bischof Overbeck: Religionsfreiheit ist faktisch immer der Gradmesser für die Frage, ob die Menschenwürde geachtet wird, und ob es eine Gesellschaft gibt, in der Freiheit und Recht eine Bedeutung haben, die für jeden gilt. Das kann man in der Welt an vielen Orten sehen: Überall dort, wo Menschen an ihrer Religionsausübung gehindert werden, können sie in der Regel auch nicht frei leben. Oft wird dann ihre Würde nicht geachtet und oft auch mit Füßen getreten. Wie wir ja in diesen Tagen leider nur zu gut wissen, gibt es sogar diejenigen, die meinen, sie könnten aus einem Wahrheitsanspruch heraus Menschen nach dem Leben trachten und umbringen.

Das Interview führte Verena Tröster.


Bischof Overbeck (dpa)
Bischof Overbeck / ( dpa )