Bundesweite Woche der Brüderlichkeit eröffnet

Der Zukunft ein Gedächtnis

Mit einem Festakt im Kasseler Staatstheater ist am Sonntag die bundesweite "Woche der Brüderlichkeit" eröffnet worden - außerdem wurde die Buber-Rosenzweig-Medaille 2013 verliehen.

Preisträger: Mirjam Pressler und Raphael Gross (epd)
Preisträger: Mirjam Pressler und Raphael Gross / ( epd )

Die Woche steht in diesem Jahr unter dem Motto “Sachor (Gedenke): Der Zukunft ein Gedächtnis“. Die vom Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit veranstaltete Woche richtet sich mit zahlreichen Veranstaltungen gegen weltanschaulichen Fanatismus und religiöse Intoleranz. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und andere Redner riefen unter anderem zu mehr Zivilcourage auf, damit alle Menschen in Deutschland frei und ohne Angst leben könnten. .

Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, warnte vor "geschichtsverdrossener Gedankenlosigkeit" und mahnte eine "generationsübergreifende Gedächtniskultur" an. Sie appellierte an Christen und Juden, gerade auch jüngeren Menschen Mut zu machen für Frieden, Freiheit und Demokratie. "Das ist unsere Pflicht", betonte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern ist.

Im Rahmen der Eröffnungsfeier wurden dem Frankfurter Fritz Bauer Institut zur Erforschung der Geschichte und Wirkung des Holocaust und der Schriftstellerin und Übersetzerin Mirjam Pressler (72) die Buber-Rosenzweig-Medaille 2013 des Koordinierungsrates verliehen. Das Fritz Bauer Institut habe ein kritisches Geschichtsbewusstsein in die deutsche Gesellschaft hineingetragen, so der Rat. Immer wieder setze es sich für eine "differenzierte Gedächtniskultur" ein.

Geholfen, Fremdheiten abzubauen

Zur Begründung für die Vergabe der Medaille an Pressler hieß es, in ihren Büchern für Kinder und Erwachsene habe sie dem deutschen Publikum das jüdische Leben in der Zeit des Nationalsozialismus nahegebracht. Mit ihren Übersetzungen aus dem Hebräischen, Jiddischen und Niederländischen habe sie zudem geholfen, Fremdheiten abzubauen.

Die Auszeichnung, die der Koordinierungsrat seit 1968 vergibt, ist benannt nach den jüdischen Philosophen Martin Buber (1878-1965) und Franz Rosenzweig (1886-1929), der in Kassel geboren wurde und aufwuchs. Sie wird vergeben an Personen, Institutionen oder Initiativen für Verdienste um eine Verständigung zwischen Christen und Juden.

Bischof Mussinghoff: Erinnerungskultur lebendig halten
Der Aachener katholische Bischof Heinrich Mussinghoff wünscht sich eine lebendige Erinnerungskultur. Diese werde immer wichtiger, da die Generation der Zeitzeugen der nationalsozialistischen Verfolgung sterbe, sagte Mussinghoff am Sonntag in München anlässlich der dortigen Eröffnung der "Woche der Brüderlichkeit". Es gehe darum, wie die Shoah als Teil des gesellschaftlichen Gedächtnisses bewahrt werden könne und welche Bedeutung diese Erinnerung für die nachfolgenden Generationen haben werde.

Mussinghoff ist Vorsitzender der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz. Der Begriff "Sachor - Gedenke" sei ein Grundwort des jüdischen Selbstverständnisses von biblischen Zeiten bis in die Gegenwart, betonte Mussinghoff. Dabei diene die Erinnerung an die Vergangenheit nicht historischen Zwecken, "sondern der moralischen und religiösen Orientierung in der Gegenwart". Die Pflicht zu gedenken und zu bewahren, schließe die Pflicht zur Weitergabe der Erinnerung ein. Mussinghoff verwies darauf, dass auch das Christentum eine Erinnerungsgemeinschaft sei, wenn Jesus beim letzten Abendmahl auffordere: "Tut dies zu meinem Gedächtnis!"

Das Gedenken an die Shoah verpflichte, die Würde und die Rechte jedes Menschen zu achten, sagte der Bischof. "Wenn die Shoah sich nicht wiederholen soll, ist es unsere vordringlichste Pflicht, dieses moralische Band der Solidarität immer stärker zu knüpfen." Es dürfe nicht beschädigt oder gar durchgerissen werden. Es gelte, im Mitmenschen das Bild Gottes zu erkennen, auch wenn er eine andere Hautfarbe habe, einer anderen Kultur oder Religion angehöre. Nur dann werde das moralische Band der Solidarität auch in sozialen Krisen und Konflikten Bestand haben.

Dass das Verhältnis zwischen Juden und Christen heute trotz gelegentlicher Irritationen von Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung geprägt sei, habe wohl angesichts der Vergangenheit niemand vorausgesehen, so Mussinghoff. Die Entwicklung des jüdisch-christlichen Dialogs gehöre zu den großen Hoffnungszeichen der Zeit. Die Teilnahme an diesem Dialog und seine Förderung sei für ihn mehr als eine religiöse und moralische Pflicht: "Sie ist vor allem eine persönliche Freude", so Mussinghoff.
 


Quelle:
KNA