Mit dieser Initiative solle der Dialog zwischen Kunst und katholischer Kirche, der im 20. Jahrhundert unterbrochen wurde, wiederaufgenommen werden, sagte der vatikanische Kulturbeauftragte, Kardinal Gianfranco Ravasi, zur Vorstellung des Projekts. Und so präsentiert der Vatikan ab Samstag (31.05.2013) keine mittelalterlichen Kelche oder Heiligenbilder, sondern zeitgenössische Kunst. Für die Gestaltung seines Pavillons gewann er den tschechischen Fotografen Josef Koudelka (75), den US-amerikanischen Maler Lawrence Carroll (59) sowie die Mailänder Künstlergruppe "Studio Azzurro".
Die Kunstwerke selbst werden erst am Freitag vorgestellt. Doch Einiges hat der Vatikan schon bekanntgegeben: So lautet das Oberthema des Pavillons "Im Anfang". Es geht um Schöpfung, Zerstörung und Wiedererschaffung. Inspiriert ist die Ausstellung durch die ersten elf Kapitel des biblischen Buches Genesis, die von der Schöpfung der Welt, der Vertreibung aus dem Paradies und der Sintflut berichten.
Die italienische Künstlergruppe "Studio Azzurro" widmet sich mit einer interaktiven Installation der Schöpfung. Der tschechische Fotograf Josef Koudelka dokumentiert mit Schwarzweiß-Aufnahmen Zerstörungen, von Umweltverschmutzungen bis hin zu Verwüstungen durch Krieg und Gewalt. Eines der ausgestellten Fotos ist in Deutschland entstanden. Die Wandgemälde des US-amerikanischen Künstlers Lawrence Carroll, der für seine Arbeit mit recycelten Gegenständen bekannt ist, beleuchten das Thema Wiedererschaffung.
Der in Paris lebende Fotograf Koudelka wurde durch seine Aufnahmen vom Prager Frühlings 1968 bekannt. Der in Australien geborene Maler Lawrence Carroll ist einer der renommiertesten Künstler der USA und steht mit seinen einfachen Materialien und reduzierten Formen der sogenannten "Arte Povera" (Arme Kunst) nahe. In Deutschland wurde er vor allem durch die Documenta IX (1992) in Kassel bekannt. Die 1982 in Mailand von Paolo Rosa, Leonardo Sangiorgi und Fabio Cirifino gegründete Künstlergruppe "Studio Azzurro" gilt als Pionierin der elektronischen Kunst und der Videoinstallationen.
Ort der Begegnung und des Dialogs
Der Vatikan und die zeitgenössische Kunst - das war in den vergangenen 100 Jahren oft kein einfaches Verhältnis. Auf der einen Seite die Künstler, Expressionisten, Kubisten und Surrealisten, die mit Kirche nicht viel zu tun hatten, und auf der anderen Seite Päpste, die mit der modernen Kultur oft nur wenig anfangen konnten.
Zu einer Öffnung kam es erst unter Paul VI. (1963-1978). Er wolle den "verlorenen Faden" im Gespräch zwischen Kirche und zeitgenössischer Kunst wieder aufnehmen, kündigte er 1964 aus Anlass eines ersten Künstlertreffens in der Sixtinischen Kapelle an. Von seinen Bemühungen profitieren die Besucher der vatikanischen Museen heute noch. Im Jahr 1973 eröffnete Paul VI. die Abteilung für moderne Kunst, die mittlerweile über 8.000 Bilder, Skulpturen und Grafiken zählt.
Zuletzt war Benedikt XVI. im November 2009 mit rund 250 Künstlern aus aller Welt in der Sixtinischen Kapelle zusammengetroffen. Auch er forderte dazu auf, den Dialog zwischen Kunst und Kirche wiederaufzunehmen. Freilich deutete sich an, dass dieses Gespräch in der Sache nicht einfach wird: Seid "Hüter des Schönen", appellierte er an die Künstler in der Sixtinischen Kapelle. Eine Generation, die mit dem "erweiterten Kunstbegriff" eines Joseph Beuys aufgewachsen ist, der letztlich besagt, dass es so etwas wie "schön" und "hässlich" gar nicht gibt. Der vatikanische Pavillon solle ein Ort der Begegnung und des Dialogs sein. So wünscht es sich Kardinal Ravasi. Untergebracht werden die Werke in der Sala d'Armi, einem für Ausstellungen umgebauten Gebäude im Zentrum Venedigs, einer einstigen Waffenkammer.