Die möglichen rechtsradikalen und antisemitischen Umtriebe im Würzburger Priesterseminar sind nun Chefsache. Bischof Friedhelm Hofmann hat eine externe Kommission beauftragt, zu klären, was an den Vorwürfen dran ist, die seit Mittwoch die Schlagzeilen bestimmen. Am Freitag bestätigte er zugleich, was schon der Leiter des Seminars, Regens Herbert Baumann, einräumte: Es gab Judenwitze und den Besuch eines Konzerts der Band "Frei.Wild", der rechtes Gedankengut vorgeworfen wird.
Zugleich drohte Hofmann in Absprache mit dem Bamberger Erzbischof Ludwig Schick Konsequenzen an, sollten sich Vorwürfe bestätigen. Zunächst aber scheinen die Seminaristen eigene zu ziehen. Der Haussprecher, der Medienberichten zufolge die Leitung über die Vorfälle informierte, soll abgesetzt werden. Der Regens bestätigte, dass es Neuwahlen geben werde. Regulär oder nicht, dazu gab es keine Antwort. Er sei jedoch nicht verpflichtet, die neu gewählte Person zu bestätigen, schob Baumann hinterher.
Die Worte des Würzburger Generalvikars Karl Hillenbrand in seinem Brief vom 22. Mai, der auch an die Seminaristen ging, scheinen also ungehört zu verhallen. Darin warnte er davor, den Spieß umzudrehenund Kommilitonen die rechtsradikale Verhaltensweisen als abstoßend empfänden, als "Verräter" oder "Nestbeschmutzer" zu bezeichnen. Intolerable Vorkommnisse dürften nicht bagatellisiert werden, sondern seien klar zu benennen. "Mitbrüderliches Verhalten kennt auch klare correctio und hat nichts mit männerbündischer Kumpanei zu tun."
Es wird also kein leichter Job, den Norbert Baumann als Chef der Untersuchungskommission da übernommen hat. Dessen ist sich der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Bamberg bewusst. Doch Baumann kennt sich mit schwierigen Fällen aus. Jahrelang hatte er als Richter am Landgericht Schweinfurt Mord und Totschlag aufzuklären. Am Freitagmorgen dann erreichte ihn die Anfrage des Würzburger Bischofs.
"Möglichst zeitnah, aber auch umfassend und gründlich" soll es nun bei der Aufarbeitung im Priesterseminar zugehen, sagte der Jurist, der von weiteren Persönlichkeiten aus den Bistümern Würzburg und Bamberg unterstützt werden soll. Es habe keine inhaltlichen und zeitlichen Vorgaben gegeben. Baumann war lange Jahre Vorsitzender des Würzburger Diözesanrats. Mit dem namensgleichen Regens des Priesterseminars ist er nicht verwandt, wie er extra betonte.
Der Aufklärungsdruck ist enorm
Die Aufklärung der Vorwürfe dürfte schwierig werden. Das legen die Aussagen des Leiters des Seminars nahe. So könne er weder bestätigen noch abstreiten, dass Studenten Adolf Hitlers Geburtstag am 20. April im Bierkeller gefeiert hätten. Es gebe keine Zeugen. Die drei Beteiligten bestritten eine solche Feier. Auch in der Erklärung des Bischofs steht das so. Ausgeschlossen wird es jedoch nicht. Auch die CD mit Hakenkreuz auf dem Cover hat Regens Baumann nicht gesehen, stattdessen aber einen Tonträger mit Marschmusik und Deutschlandfahne.
Der Regens verweist auf das große Misstrauen unter den Seminaristen. Bei manchen Befragungen würden andere Studenten als Quelle angegeben. Dann wiederum Erzählungen an der Universität. Einige der vier bis fünf Seminaristen, gegen die sich die Anschuldigungen richten, drohten mit rechtlichen Schritten. Und auch die katholische Studentenverbindung, die sich angeblich bei der Seminarleitung nach dem Gedankengut von Bewohnern erkundigt hat, will dies doch nicht getan haben.
Der Aufklärungsdruck auf die Verantwortlichen ist trotzdem enorm. Das machen Stimmen aus der Politik, der jüdischen Gemeinde und der Organisation "Wir sind Kirche" deutlich. Letzte erinnerte daran, dass vor zwei Jahren mit Georg Häfner ein Priester des Bistums seliggesprochen wurde, der durch die Nazis ums Leben kam. Eine Gedenktafel erinnert am Priesterseminar an Häfner. Hofmann stellte in seiner Erklärung schon einmal klar: Nachsicht wird es in der Sache nicht geben. Den Judenwitz dreier Seminaristen bezeichnete der Bischof als "nicht entschuldbar".