Rio de Janeiro steht schon im Zeichen des Weltjugendtages

Franziskus-Fieber überall

Am Dienstag ist es soweit: Dann beginnt in Rio de Janeiro der Weltjugendtag. Erwartet werden bis zu 2 Millionen Jugendliche und natürlich der Papst. Unsere Korrespondentin Astrid Prange berichtet aus der brasilianischen Metropole.
 

Rio de Janeiro (dpa)
Rio de Janeiro / ( dpa )

domradio.de: Der erste Lateinamerikaner als Papst kommt nach Brasilien - wie groß ist das Interesse der Brasilianer am Besuch von Franziskus?

Astrid Prange: Das Interesse ist schon groß, man merkt das, überall gibt es Franziskus-Ketten, Franziskus-Armbänder, Franziskus-Handtücher. Jede Nachricht über den Papst erscheint auf Seite eins der Zeitung, die Leute sprechen darüber. Also die Erwartung und die Vorfreude ist auf jeden Fall groß, aber es ist auch in jeder Stadt unterschiedlich. In Rio ist es besonders groß, aber es ist nicht nur religiös motiviert, sondern ganz einfach die ganz normale Neugier, was sich in der Stadt abspielt.

domradio.de: Der Papst wird sich auch dort sich mit Armen und Bedürftigen treffen. Wie kommt Franziskus mit seinem Einsatz für die Armen in Brasilien an?

Prange: Sehr gut, nicht nur bei den Gläubigen, sondern auch beim brasilianischen Klerus. Man kann fast von einem Franziskus-Fieber oder Franziskus-Manie sprechen. Man ist erleichtert, dass der Papst sich den Aufgaben zuwendet, die man bei einem Papst für richtig und angemessen hält. Da gibt es einhellige Begeisterung, dass der Papst diese Linie einschlägt, weil man das für den Kern des christlichen Glaubens hält. Und wenn der Repräsentant als Vorbild vorausgeht, dann finde das alle nur konsequent und richtig.

domradio.de: Beim Fussball-Confed-Cup vor einigen Wochen gab es heftige Proteste gegen die Zustände in dem Land. Droht der Weltjugendtag auch zum Anlass für Demonstrationen zu werden?

Prange: Die Stadt ist sehr unruhig, fast jeden Tag gibt es eine Demonstration, gestern auch hier in der etwas vornehmeren Südzone, wozu auch die Copacabana gehört. Die Hubschrauber kreisen über den Häusern. Es ist sehr unruhig, aber die Proteste richten sich nicht gegen den Papst oder gegen den Weltjugendtag, sondern gegen einen Großteil der brasilianischen Politiker, die vielen korrupt erscheinen. Es hat sich aber inzwischen so aufgefächert, dass es keine Massedemonstrationen gibt, sondern kleinere Demos mit radikalerem Zuschnitt, die momentan nicht den Rückhalt der großen Bevölkerung haben, auch gestern die Demonstration fing erst um Mitternacht an, als die Mehrheit der Leute schon geschlafen hat.

domradio.de: Die Freikirchen haben in Brasilien großen Zulauf. Sind das nur die flotteren Gottesdiensten oder warum gehen die Menschen eher zu den Freikirchen? Prange: Ich glaube, da kommen viele Faktoren zusammen. Es ist auch eine Politik, die noch unter Johannes Paul II begonnen hat, viele Kirchen zu schließen oder Pfarrer zu vergessen, die sich um die Armen kümmern im Amazonasgebiet oder anderswo weit weg. Und diese Lücken, die die Kirchen in den Armenvierteln, den Favelas gelassen haben, haben die Freikirchen ganz klar eingenommen. Praktisch kann jeder Busfahrer Pfarrer werden. Da war einfach ein Gründungsbedürfnis bei einem sehr religiösen Volk. Hinzu kommt aber auch in jüngster Zeit, dass viele Leute generell auf Abstand zum Thema Kirche und Religion gehen. Auch die Fraktion der Agnostiker ist in den Metropolen gestiegen. Das Land ist wesentlich globalisierter, kritischer, weltlicher, eben auch agnostischer geworden. Und das ist sicher auch eine zweite Tendenz, das ist nicht nur ein Problem der katholischen Kirche, auch viele Evangelikale verzeichnen Stagnation, die wachsen auch nicht mehr wie früher.

domradio.de: Wie sehr kann denn da der Besuch des Papstes Franziskus der katholischen Kirche helfen?

Prange: Ich glaube, dass viele hoffen, dass er neuen Schwung und neuen Mut bringt und das er die Leute begeistert für den katholischen Glauben, für den christlichen Glauben, dass er in seiner Vorbildfunktion die Leute anregt, sich wieder dem Thema zuzuwenden. Das bedeutet, dass auch jüngere Leute sich für die Kirche interessieren. Dass es zu einer Art Verjüngungskur kommt, einfach ein Motivationsschub vom Papst, auf den viele warten. Die hoffen, dass es wieder angesagt ist, katholisch zu sein. In vielen großen Städten ist es nur eine von mehreren Optionen, katholisch zu sein.

Das Interview führte Matthias Peter.

 

Rio de Janeiro (dpa)
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Quelle:
DR