Auf den ersten Blick wirkt der Vorfall beinahe kurios: Buddhistische Mönche wurden vor einigen Tagen aus einer malaysischen Ferienanlage verjagt, weil sie einen Gebetsraum für Muslime benutzt hatten. Der Hotelbesitzer wurde festgenommen. Nicht, weil er die Mönche vertrieb, sondern weil er ihnen erlaubt hatte, in dem Raum zu beten. Er habe den Islam beschmutzt, hieß es.
Doch die Begebenheit ist kein Einzelfall: In Südostasien werden religiöse Minderheiten, die oft auch ethnische Minderheiten sind, immer häufiger zur Zielscheibe. Die Regierungen der betroffenen Staaten schaffen es nicht, Gewalt zu verhindern. Und das, obwohl das Recht auf freie Religionsausübung in den meisten Verfassungen in der Region festgeschrieben ist.
Radikale Tendenzen
"Wir werden eine Reihe von Unabhängigkeitskonflikten erleben, wenn wir diese Probleme nicht lösen", sagt Amina Rasul, die Präsidentin des Zentrums für Islam und Demokratie auf den Philippinen. Politischer Wandel, der weltweite Kampf gegen den Terror und wirtschaftliche Ungleichheit schüren ihrer Ansicht nach Angst, Misstrauen und radikale Tendenzen in den Bevölkerungen.
Ein drastisches Beispiel für das Aufleben solcher Konflikte ist Birma. Nach Jahrzehnten der Militärherrschaft übernahm 2011 eine zivile, Militär-nahe Regierung das Ruder. Seit 2012 kam es wiederholt zu Gewaltorgien von buddhistischen Nationalisten. Opfer waren muslimische Minderheiten, vor allem die der Rohingya. Mehr als 200 Menschen wurden getötet, Tausende vertrieben. Manche sehen die Hand der Regierungspartei USDP im Spiel. Das Militär habe auch in der Vergangenheit Religion zum Machterhalt genutzt, meint etwa Al-Hat U Aye Lwin vom Islamischen Zentrum Birmas.
Intoleranz durch Unsicherheit
"Wir werden von anti-muslimischen Flugblättern überflutet", sagt er. Hasskampagnen wie die des radikalen Buddhistenmönchs Wirathu fallen auf fruchtbaren Boden. Er schürt in Zeiten des Umbruchs, in denen viele sich fragen, was die Zukunft bringt, Angst, dass Muslime mit ihrer hohen Geburtenrate das Land irgendwann islamisieren wollen. Dabei machen Muslime nur wenige Prozent der Bevölkerung aus.
"Wenn Menschen unsicher sind, dann kommt die Intoleranz", sagt auch der ehemalige Regierungsbeamte Devanesan Nesiah aus Sri Lanka. Nach dem Ende des grausamen Bürgerkrieges 2009 nahm der Druck auf Minderheiten zu. Die siegreiche singhalesische Bevölkerungsmehrheit und die Regierung sahen wenig Grund für Toleranz gegenüber den Tamilen und ihren gescheiterten Unabhängigkeitsbestrebungen. Singhalesen sind mehrheitlich buddhistisch, Tamilen Hindus. Angriffe von "patriotischen Kräften" auf religiöse Minderheiten nehmen zu.
Werden die Täter nicht bestraft und sind die Regierungen untätig, droht eine weitere Eskalation der Konflikte. Dies könnte im mehrheitlich muslimischen Indonesien passieren, warnt die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch". Nach Attacken auf christliche oder buddhistische Einrichtungen forderte Präsident Susilo Bambang Yudhoyono mehr Respekt und Toleranz. Doch es bleibt zumeist bei Lippenbekenntnissen. Gewalt, auch jene gegen islamische Minderheitensekten, bleibt oft ungesühnt.
Gewalt bleibt ungesühnt
In Malaysia, wo ein Drittel der Bevölkerung chinesisch- oder indischstämmig ist, sind Privilegien für die muslimischen Malaien in der Verfassung festgeschrieben. Für Minderheiten herrsche ein Klima von zunehmender Verunsicherung, so das Ergebnis einer Umfrage des Merdeka-Zentrums aus dem Jahr 2011. Im Kampf um malaiische Stimmen versucht jeder Politiker sich islamischer zu geben als der Gegenkandidat. Dadurch wird das öffentliche Leben immer stärker durch islamische Normen geprägt, sagt der Politologe Farish Noor von der S Rajaratnam School of International Studies in Singapur.
Die fortschreitende Islamisierung der Gesellschaft zeigt sich etwa in der andauernden Debatte, ob Nicht-Muslime das Wort Allah verwenden dürfen. Die Minderheiten fühlen sich zunehmend vor den Kopf gestoßen. Bessere Kooperation zwischen den Führungsfiguren der verschiedenen Religionsgruppen und mehr Unterstützung für interreligiöse Gruppen seien ein verbessertes Klima notwendig, meint die Philippinerin Amina Rasul. "Wir brauchen eine Menge Vorkämpfer."