Vatikanexperte über den "brüderlichen Besuch" aus Rom beim Limburger Bischof

"Mal mit der Taschenlampe reinleuchten"

Papst Franziskus entsendet nun Kardinal Giovanni Lajolo zu Bischof Tebartz van Elst. Stefan Kempis von Radio Vatikan weiß mehr über den "brüderlichen Besuch".

Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst (dpa)
Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst / ( dpa )

domradio.de: Was bedeutet ein solcher brüderlicher Besuch inLimburg?

Kempis: Der bedeutet zunächst einmal, dass er genau das ist und nichts anderes, nämlich ein brüderlicher Besuch und keine offizielle apostolische Visitation, wie so eine Expedition sonst heißen würde. Kardinal Lajolo ist ein guter Kenner Deutschlands, er war oft auf Posten dort in seiner Zeit als Vatikandiplomat. Zuletzt als Nuntius in den 90er Jahren. Er hat viele Kontakte seitdem behalten, spricht fließend deutsch und ist ein sehr versöhnlicher Typ, ein freundlicher Mann, der sicher viel Luft rauslassen kann aus diesem ganzen Ballon aus Ärger, der sich mittlerweile in Limburg aufgeblasen hat.

domradio.de: Welche anderen Fälle gab es denn in letzter Zeit in Rom? Ist das üblich, dass man so einen brüderlichen Besuch einmal abgestattet bekommt?

Kempis: Brüderliche Besuche, die nicht einmal brüderlich heißen müssen, kann natürlich jeder Kardinal überall machen, wo er will. Aber es ist schon etwas besonderes, dass der Papst diese niederschwellige Form von "Heimsuchung" ausgewählt hat. Es ist eben keine apostolische Visitation, es ist keine schleichende Entmachtung des Bischofs Franz-Peter Tebartz van Elst, es ist wirklich nur eine Visite. Üblich, und davon hatten wir unter Benedikt XVI. eine ganze Reihe, sind eben die so genannten apostolischen Visitationen. Einen berühmten Fall gab es in der Kirche von Irland nach den ganzen Missbrauchsskandalen. Als die ans Licht gekommen waren, hatte der deutsche Papst sofort Visitatoren in die irische Republik geschickt. Und die kamen mit ausführlichen Berichten wieder. Das ist eben nicht der Weg, den Papst Franziskus im Gespräch mit dem Verantwortlichen für die Bischofskongregation, dem Kanadier Kardinal Marc Ouellet gewählt hat. Es wird erstmal niederschwellig geguckt, auf welchem Stand sind diese Auseinandersetzungen. Man sollte sich hüten, diesen brüderlichen Besuch für irgendeine Seite zu vereinnahmen. Das ist ein brüderlicher Besuch für das ganze Bistum, nicht speziell brüderlich für Bischof Tebartz van Elst, nicht speziell brüderlich auch für seine Gegner.

domradio.de: Dann kann das also auch eine Art Unterstützung für Bischof Tebartz van Elst sein, der ja da vielleicht auch den einen oder anderen Tipp bekommt?

Kempis: Als Bischof Tebart van Elst kürzlich bei der Bischofskongregation in Rom zu einem Gespräch war, hieß es danach gleich aus dem Bistum, er habe sehr viel Unterstützung aus dem Vatikan erfahren. Bei dem jetzigen Besuch von Kardinal Lajolo sollte man ihn nicht gleich als Parteinahme für die eine oder andere Seite lesen. Genau das will dieser freundliche italienische Kardinal, der ein Faible für die Deutschen hat, vermeiden. Lajolo will erstmal zuhören, sowohl dem Bischof wie auch seinen Kritikern, will sich im Bistum umhören und das macht er wirklich auf brüderliche Art und Weise, nicht als Parteigänger.

domradio.de: Das heißt, er ist so eine Art Mediator. Kann man das so sagen?

Kempis: Ja, Mediator, Schiedsrichter. Auch wenn es noch nicht sicher ist, ob dann wirklich er so eine Art Schiedsspruch abgeben wird. Er ist ja auch nicht Heiner Geißler. Vielleicht wird das dann auch eine andere Vatikaninstanz, die sich dazu nochmal zu Wort melden wird. Es steht ja auch noch eine ausdrückliche, längere Wortmeldung der Deutschen Bischofskonferenz aus, die ja die erste "Betroffene" wäre. Es ist also wirklich genau das: ein brüderlicher Besuch. Man soll jetzt aber auch nicht so viel hineingeheimnissen. Um es auch mal so herum zu sagen: Kardinal Lajolo ist jeder Grund recht, mal wieder nach Deutschland zu reisen.

domradio.de: Ist es denn nicht auch als Erfolg der Kirchenbasis zu sehen? Immerhin haben die ja das Ganze ins Rollen gebracht, natürlich auch die Presse. Und nun eben dieser brüderliche Besuch. Das zeigt ja zumindest, dass der Vatikan auf solche Vorgänge reagiert, ohne wirklich etwas Handfestes gegen den Bischof in der Hand zu haben. Oder?

Kempis: Man kann das natürlich so deuten. Man könnte es aber auch umgekehrt deuten als Unterstützung für den in Bedrängnis geratenen Bischof. Wie auch immer, diese Deutungen laufen ins Leere, weil man es nicht genau weiß. Auch hier im Vatikan will man ja erstmal rausfinden, was ist da eigentlich los. Die Klagen über den Bischof sind sehr viele, aber auch alle ein bisschen diffus. Es sind jetzt nicht nur die Kosten der neu gebauten Residenz, es ist auch nicht nur sein First-Class-Flug nach Indien, es ist auch nicht nur seine Amtsführung oder dass er die Liturgie gern besonders schön feiert. Es ist irgendwie das Knäuel aus alldem und der daraus offenbar entstandene Eindruck, dass der Bischof nicht sehr hört auf die Menschen in seinem Bistum oder nur auf seinen engsten Kreis. Es ist ja nicht so, als könnte man einen Vorwurf herausziehen und sagen: Aha, das ist jetzt der große Vorwurf. Es ist so ein allgemeines Unbehagen und Missvergnügen. Da will der Vatikan mal mit der Taschenlampe reinleuchten. Es ist nicht so als hätte der Vatikan vor Franziskus nicht auch schon, vielleicht ohne das an die große Glocke zu hängen, brüderliche Besuche in alle möglichen Weltgegenden geschickt. Das geht jetzt weiter. Nur diesmal hat man auch davon erfahren, namentlich die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Und nur, weil die davon erfahren hatte, wurde das auch bestätigt. Sonst hätte Kardinal Lajolo einfach im stillen Kämmerlein seine Koffer gepackt und wär losgeflogen. Das hätte gar nicht jeder groß erfahren müssen. Sowas ist eigentlich Routine, nur dass man nicht immer davon erfährt.

Das Interview führte Christian Schlegel.


Bischof Tebartz-van-Elst / © Boecker
Bischof Tebartz-van-Elst / © Boecker
Quelle:
DR