Insbesondere nach der Tragödie vor Lampedusa, wo bis zu 300 Menschen beim Versuch starben, die europäische Küste zu erreichen hat Kardinal Marx die Europäer zum Handeln aufgefordert:
"Die EU ist keine abstrakte internationale Einheit. Sie ist eine Union von Menschen, von Frauen und Männern, die an gemeinsame Werte glauben, unter denen die Menschenwürde der wichtigste ist. Die EU ist ebenso eine Union von 28 Mitgliedsstaaten, die sich zur Solidarität sowohl untereinander als auch gegenüber dem Rest der Welt verpflichtet haben. Die Tragödie des Schiffsuntergangs vor Lampedusa hat zweifelsohne die Herzen der Europäer berührt. Alle europäischen Bürger stehen in der Verantwortung, zu einem starken und koordinierten politischen Handeln aufzurufen, so dass sich eine solche Tragödie nicht wiederholt. Seit Jahren haben wir eine Politik betrieben, die Menschen in Not davon abhält, unsere Küsten zu erreichen. Das ist nicht das Europa, das wir wollen. Asyl zu beantragen, ist ein fundamentales Menschenrecht, das wir respektieren müssen. Flüchtlinge und Asylsuchende müssen deshalb menschenwürdig behandelt werden.
Ein erschwerender Faktor in dieser Krise ist eindeutig ein Mangel an Solidarität. Eine Einigung über angemessene Aufnahmequoten sollte dringende Priorität des EU-Ministerrates für Justiz und Inneres sein. Die EU und die internatinale Gemeinschaft müssen die Herkunfts- und Transitländer der Migranten und Asylsuchenden dazu drängen, die Menschenwürde zu achten. Wir werden es nur schaffen, in Zukunft solche Tragödien zu vermeiden, wenn wir die Krisen außerhalb Europas, die die Migration verursachen, wirksamer angehen. Wir müssen den Entwicklungs- und den weniger entwickelten Ländern helfen. Nach dieser Tragödie sollten sich die Europäer für ambitioniertere Millennium-Entwicklungsziele zur Armutsbekämpfung einsetzen. Globale Gerechtigkeit ist letztlich die Antwort auf die derzeitige Flüchtlings- und Migrationsherausforderung, mit der die EU konfrontiert ist."
Papst spendet 1.600 Telefonkarten für Flüchtlinge auf Lampedusa
Papst Franziskus hat 1.600 Telefonkarten für Flüchtlinge auf der Insel Lampedusa gespendet. Wie die vatikanische Tageszeitung "Osservatore Romano" am Freitag berichtete, wurden die Karten vom päpstlichen Almosenmeister Erzbischof Konrad Krajewski auf der Insel verteilt. Sie sollten den Betroffenen helfen, den Kontakt mit ihren Verwandten in der Heimat zu halten, so die Zeitung. Zudem sei für die Kinder im Aufnahmelager mit päpstlichen Geldern eine Spielezelt angeschafft worden.
Nach Angaben des "Osservatore Romano" kehrte Krajewski, den der Papst vor einer Woche als persönlichen Berichterstatter nach Lampedusa entsandt hatte, am Donnerstag von der Insel zurück und legte dem Papst seinen Abschlussbericht vor.
Franziskus hatte das jüngste Bootsunglück vor Lampedusa als "Schande" bezeichnet, für die sich die ganze Welt schämen sollte.
Jede zweite Deutsche gegen Aufnahme weiterer Flüchtlinge
Trotz des Flüchlingsdramas vor Lampedusa ist eine knappe Mehrheit der Deutschen gegen die Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge in der Bundesrepublik. In einer am Donnerstagabend in Köln veröffentlichten ARD-Umfrage sprach sich jeder Zweite (51 Prozent) dagegen aus, dass Deutschland mehr Flüchtlinge aufnimmt. Dafür waren 43 Prozent.
Besonders groß ist der Widerstand gegen die Aufnahme von mehr Flüchtlingen bei Anhängern der Partei Alternative für Deutschland (AfD) mit 70 Prozent und bei Unionsanhängern mit 61 Prozent. Bei den Grünen-Anhängern ist mit 72 Prozent der Anteil der Menschen am größten, die dafür sind, mehr Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen.
Bei der SPD befürworten dies 54 Prozent, bei den Linken 48 Prozent. Dass die EU insgesamt mehr Flüchtlinge aufnimmt, findet eine knappe Mehrheit in der deutschen Bevölkerung: 52 Prozent befürworten dies. 43 Prozent meinen dagegen, dass die EU nicht mehr Flüchtlinge aufnehmen sollte. Das Institut Infratest dimap befragte im Auftrag der ARD am Montag und Dienstag dieser Woche 1.003 Wahlberechtigte telefonisch.
Weiter starker Flüchtlingszustrom
Ungeachtet der Schiffstragödie vor Lampedusa dauert der massive Zustrom von Flüchtlingen nach Italien an. Innerhalb weniger Stunden kamen Handelsschiffe fünf Flüchtlingsbooten mit zusammen mehr als 500 Migranten an Bord zu Hilfe.
Die italienische Küstenwache koordinierte die Rettungsaktionen. Die Flüchtlinge wurden in sizilianische Hafenstädte gebracht, so nach Trapani und Porto Empedocle, wie die Nachrichtenagentur Ansa am Freitag berichtete.
Zunächst hatten zwei Schlauchboote mit jeweils mehr als 100 Afrikanern an Bord noch aus libyschen Gewässern mit Satellitentelefonen Alarm geschlagen und dann Hilfe erhalten. Weitere 118 Migranten brachte ein Handelsschiff nach Sizilien. An der Rettung der übrigen Migranten beteiligten sich die italienische Marine und ein Schlepper. Sie wurden in das ostsizilianische Syrakus gebracht.