Kirchenrechtler zur Mitbestimmung bei der Bischofswahl

"Nicht vorgesehen"

Die Mitbestimmung der Katholiken des Erzbistums bei der Bischofswahl fordert eine "Kölner Kircheninitiative". Der Freiburger Kirchenrechtler Prof. Georg Bier beschreibt im domradio.de Interview die Chancen solcher Forderungen auf Umsetzung.

Wahlzettel (dpa)
Wahlzettel / ( dpa )

domradio.de: Wie wird hier in Köln der neue Erzbischof gewählt?

Prof. Bier: Der Apostolische Stuhl lässt sich aus Köln im Rahmen eines Informativprozesses zunächst Namen von geeigneten Kandidaten nennen. Unter Würdigung dieser genannten Namen benennt der Stuhl dann drei Kandidaten, aus denen das Domkapitel den Erzbischof wählt.

domradio.de: Ist denn nach den gegenwärtigen Vorgaben in irgendeiner Weise die Beteiligung der Katholiken des Erzbistums möglich?

Bier: Nein. Nach den Vorgaben ist die Mitwirkung nicht vorgesehen, wenngleich der Apostolische Stuhl auch jetzt schon frei wäre, zusätzlich zum Kapitel und den Bischöfen auch andere Personen um Vorschläge zu bitten. Im Konkordat vorgesehen ist das aber nicht.

domradio.de: Die Kölner Kircheninitiative hat nun in einem offenen Brief an den Papst und das Domkapitel Vorschläge unterbreitet, wie die Mitbestimmung aussehen könnte. Da ist von direkter oder indirekter Beteiligung bei der Erstellung der Kandidatenliste die Rede. Alternativ könnten auch die diözesanen Beratungsgremien diese Aufgabe übernehmen. Ist diese Vorgehensweise einfach ohne weiteres möglich?

Bier: In dem Brief wird ja nur von einem Verfahren gesprochen, bei dem kirchenrechtliche Bestimmungen nicht geändert werden sollen. Das könnte nur bedeuten, dass hier die Vorschläge von Laien oder Priestern in die Phase eingehen, in der man nachdenkt, welche Personen Rom vorgeschlagen werden sollten. Dann könnte das Domkapitel den Pastoralrat oder andere Gremien oder auch Laien befragen und unter Berücksichtigung dieser Vorschläge dann seinerseits Namen an den Apostolischen Stuhl weitergeben. Es bliebe dann aber dabei, dass Rom ohne Bindung an diese Vorschläge seine eigene Dreierliste zusammenstellt, die es dann dem Domkapitel zurückgibt. Da wäre also nicht gewährleistet, dass tatsächlich die vorgeschlagenen Personen auch auf der Liste stehen. Dazu äußern sich die Autoren des Briefes insofern, als dass der Papst dann entsprechend den Vorschlägen der diözesanen Beratungsgremien folgen möge.

domradio.de: Ihr Kollege aus Münster, Thomas Schüller, betont als Unterstützer der Initiative, dass die Bischofswahl unter Volksbeteiligung etwas urkatholisches sei und in der frühen Kirche die Regel war. Welche Auswirkungen hätte ein solcher Wahlmodus heute?

Bier: Das stimmt zwar, aber in der Urkirche waren die diözesanen Strukturen andere, es waren kleinere Diözesen, man kannte sich besser. Das Modell wäre heute schwieriger durchzuführen. Wenn es nur darum geht, dass auch Laien Vorschläge machen, dann würde es ja bei der heutigen Form bleiben, dass das Domkapitel die Namen schließlich Rom vorschlägt. Das wäre kein sehr weitgehender Eingriff, unabhängig davon, ob sich der Apostolische Stuhl darauf einlässt. Weitergehende Vorschläge gibt es ja auch, die darauf abzielen, dass auch bei der Wahl selbst eine direkte oder indirekte Beteiligung der Katholiken stattfindet. Also dass bestimmte Gremien Kandidaten direkt wählen.

domradio.de: Letztendlich hat ja der Heilige Stuhl den größten Einfluss, weil er für Köln die Dreierliste erstellt, aus der dann gewählt werden soll. Deshalb ist der Brief sicherlich auch an Papst Franziskus gerichtet. Dieser sprach ja in seinem Lehrschreiben "Evangelii gaudium" von einer Dezentralisierung. Wie, glauben Sie, wird der Papst darauf reagieren, oder wird er überhaupt reagieren?

Bier: Es würde sicher in die Linie passen, wenn der Papst sagen würde: "Jawohl, ich halte es für möglich, dass noch weitere Katholiken Vorschläge machen für geeignete Kandidaten." Ob darüber hinaus auch das Wahlrecht verändert würde, was auch bedeuten würde, dass entsprechende staatkirchenrechtlichen Grundlagen vorab zu ändern wären, das kann ich mir nur schlecht vorstellen.

Das Interview führte Christian Schlegel.


Quelle:
DR