Beide wollen sich für Menschenrechte in Russland engagieren

"Pussy Riot"-Aktivistinnen sind frei

Maria Aljochina und Nadeschda Tolokonnikowa von der russischen Punkband «Pussy Riot» sind wieder frei. Ihre Entlassung im Zuge einer Amnestie war erwartet worden. Nun wollen die beiden jungen Frauen für die Menschenrechte eintreten.

Wieder frei: Mitglieder der Band "Pussy Riot" (dpa)
Wieder frei: Mitglieder der Band "Pussy Riot" / ( dpa )

Die beiden "Pussy Riot"-Aktivistinnen Maria Aljochina und Nadeschda Tolokonnikowa sind in Russland vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Die Mitglieder einer Frauen-Punkband kamen am Montag im Zuge einer Amnestrie frei, die das russische Parlament in der vergangenen Woche beschlossen hatte. Beide sind Mütter kleiner Kinder. Ihre Haftstrafe wäre Anfang März abgelaufen. Die jungen Frauen wollen sich nun um Menschenrechtsprobleme im russischen Strafvollzug kümmern.

Nadeschda Tolokonnikowa wurde aus einem Gefängniskrankenhaus in der sibirischen Großstadt Krasnojarsk entlassen, wie der russische Nachrichtenkanal TV Doschd berichtete. Die Freilassung nach eindreiviertel Jahren Haft erfolgte erst nach Einbruch der Dunkelheit, obwohl diese bereits am Morgen dem bei minus 20 Grad vor dem Tor wartenden Ehemann Pjotr Wersilow angekündigt worden war.

Bereits am Montagmorgen war Maria Aljochina aus einem Frauengefängnis in Nischni Nowgorod entlassen worden. Die Anstaltsleitung hatte sie in einer Dienstlimousine mit Polizei-Eskorte zum Bahnhof der Stadt gefahren, offenbar um vor dem Straflager wartende Journalisten zu umgehen.

"Punkgebet" gegen Putin

Tolokonnikowa, Aljochina und ein weiteres Mitglied der Punkband "Pussy Riot" hatten im Februar 2012 mit einem "Punkgebet" in der russisch-orthodoxen Hauptkirche in Moskau gegen Wladimir Putin demonstriert, der damals für das Präsidentenamt kandidierte. Im August desselben Jahres waren die Frauen wegen Rowdytums aus religiösem Hass zu je zwei Jahren Zwangslager verurteilt worden.

Das Urteil sorgte international für Empörung. Das Bandmitglied Jekaterina Samuzewitsch war im Oktober 2012 in einem Berufungsverfahren als einziges Band-Mitglied überraschend auf Bewährung freigekommen.

Aljochina besuchte umgehend das Büro der Menschenrechtsorganisation "Komitee gegen Folter", um das weitere Vorgehen gegen Verstöße in dem Gefängnis zu besprechen, in dem sie einsaß. Sie habe die vorzeitige Freilassung ablehnen wollen, sagte sie in einem Telefoninterview mit TV Doschd: "Ich hätte gerne auf die Gnade Putins verzichtet." Sie begründete dies mit Repressionen, die nun ihren weniger prominenten Mithäftlingen drohten. Ein Verzicht auf die Amnestierung sei aber rechtlich nicht möglich gewesen.

Sie wolle sich jetzt für den Schutz der Menschen- und Bürgerrechte im russischen Strafvollzug engagieren, sagte Aljochina. "Dort geschieht so vieles, was nicht dem Gesetz entspricht", sagte sie unter Verweis auf ihre eigenen Erfahrungen. Die Amnestie sei ein "PR-Schachzug und kein humanitärer Akt", da weniger als zehn Prozent der in Russland einsitzenden Häftlinge dadurch freikämen, kritisierte Aljochina.

Hungerstreik gegen Haftbedingungen

Tolokonnikowa wird auf dem von ihrem Ehemann Wersilow betriebenen Twitter-Account mit den Worten zitiert, sie wolle sich nun "politischen Fragen" widmen und sich darum bemühen, dass der Leiter der Strafvollzugsbehörde der russischen Teilrepublik Mordowien "entmachtet" werde. In der Wolga-Republik hatte Tolokonnikowa den größten Teil ihrer Haftstrafe verbüßt und unter anderem auch mit einem Hungerstreik gegen die Lebens- und Arbeitsbedingungen ihrer Mitgefangenen protestiert. Nach dieser Aktion war sie nach Krasnojarsk verlegt worden.

Die russisch-orthodoxe Kirche erklärte, sie sei zu einem Dialog mit den freigelassenen Frauen bereit, wolle ihnen diesen aber nicht aufzwingen. Der Pressesprecher des Moskauer Patriarchats, Erzpriester Wsewolod Tschaplin, erklärte, aufgrund von früheren Äußerungen Aljochinas könne er zumindest bei ihr "eine gewisse Evolution der Position" feststellen. "Mir scheint, sie hat Verständnis für den Schmerz, den sie mit ihrer Aktion gläubigen Menschen zugefügt hat." Er habe auch einige Zeit mit Tolokonnikowa in Briefkontakt gestanden, sagte Tschaplin.

Aljochina erklärte nach ihrer Freilassung allerdings, dass sie das umstrittene Punk-Gebet "nicht nur wiederholen, sondern auch zu Ende singen möchte". Die beiden Frauen wollen ihr weiteres Vorgehen nun koordinieren. Aljochina kündigte an, umgehend nach Krasnojarsk zu fliegen, um ihre Mitstreiterin zu treffen: "Ich denke, dass wir uns in der Menschenrechtsarbeit zusammenschließen werden."


Pussy Riot in der Moskauer Kathedrale (dpa)
Pussy Riot in der Moskauer Kathedrale / ( dpa )
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epd