Jugendliche aus 50 Nationen bei Straßburger Taizé-Treffen

"Werdet Friedensstifter!"

Als großes Netzwerk bezeichnet die Schwedin Amanda Taizé. Die 24-Jährige gehört zu den mehr als 20.000 Teilnehmern des Jugendtreffens der ökumenischen Bewegung.

Autor/in:
Volker Hasenauer
In Gemeinschaft (KNA)
In Gemeinschaft / ( KNA )

Die lange Anfahrt, der eisig über das Straßburger Messegelände peitschende Regen, das ewig lange Anstehen für einen warmen Tee - das ist nun alles vergessen: Zehntausend Jugendliche knien, kauern oder hocken auf dem kalten Betonfußboden der größten Straßburger Messehalle und schweigen. Schon seit zehn Minuten. Auf einer kleinen Bühne steht ein orange angestrahltes Kreuz. Rechts und links daneben ein Kerzenmeer. Sonst ist es dunkel. Dann erfüllt ein getragen angestimmtes "Herr erbarme Dich" die gewaltige Halle. Inmitten der Jugendlichen knien in schlichten weißen Gewändern gekleidete Brüder der Taizé-Gemeinschaft.

"Taizé ist für mich zum Zuhause geworden"

"Taizé ist für mich zum Zuhause geworden. Hier darf ich sein, wie ich bin, hier komme zur Ruhe. Es ist wie eine spirituelles Auftanken", beschreibt die 24-jährige Christina Wolff, warum sie und viele ihrer Freunde seit Jahren regelmäßig zu den Taizé-Jugendtreffen rund um Silvester kommen. Bis zum 1. Januar sind in diesem Jahr junge Christen verschiedener Konfessionen und Kirchen in der Europastadt Straßburg zu Gast. Und erstmals in seiner mehr als 25-jährigen Geschichte ist das religiöse Großevent grenzüberschreitend organisiert: Mehr als 5.000 Teilnehmer sind in deutschen Gastfamilien in Baden untergebracht.

"Europa braucht Euren Einsatz, Euren Glauben und Euren Mut", hat Papst Franziskus in seiner Grußbotschaft den Taize-Jugendlichen ausgerichtet. Gerade im während so vieler Kriege umkämpften deutsch-französischen Grenzgebiet sei das Treffen ein Signal der Hoffnung für das "Entstehen einer europäischen Großfamilie", so der Papst.

Friedensstifter gesucht

Auch der Leiter der Taizé-Bruderschaft, der gebürtige Stuttgarter Alois Löser, ist überzeugt, dass Christen aus ihrem Glauben heraus für eine solidarischere und friedvollere Gesellschaft eintreten können. "Christus fordert uns auf, seiner Liebe zu folgen und Friedensstifter zu werden", ruft er den betenden Jugendlichen in der überfüllten Messehalle zu.

Die 1949 vom charismatischen Schweizer Frère Roger Schutz gegründete christliche Taizé-Gemeinschaft ist längst zu einem weltweit bekannten Glaubenszentrum geworden, einem Anziehungspunkt für Jugendliche aus ganz Europa. Im Sommer kommen Woche für Woche 5.000 Jugendliche in den kleinen Ort im Burgund, um am einfachen, von Gebet und Meditation geprägten Leben der Mönche teilzunehmen. Schwerpunkt der Arbeit ist die Solidarität mit den Armen und Rechtlosen in der Welt. Und vor allem geht es der Taizé-Bruderschaft darum, für die Einheit aller christlichen Konfessionen und Kirchen einzutreten.

"Ich war im Sommer zum ersten Mal in Taizé, und diese so besondere Art, den christlichen Glauben zu leben, hat mich in meinem Inneren tief berührt", erzählt Marina aus Kiew. Als orthodoxe Christin fühle sie sich in ihrer ukrainischen Heimat oft alleine, berichtet sie.

"Konfessionen, Nationen spielen keine Rolle"

"Beim Taize-Treffen erlebe ich jetzt die große christliche Gemeinschaft. Konfessionen, Nationen spielen keine Rolle, wir gehören alle zusammen." Und dann sagt sie noch, dass sie sogar Ähnlichkeiten zwischen der derzeitigen Freiheitsbewegung in der Ukraine und Taize beobachtet: "Beide wollen für eine gerechtere, solidarische Gesellschaft eintreten, in der jeder jedem hilft."

Die Faszination und Anziehungskraft der seit 1979 immer zum Jahreswechsel in einer europäischen Großstadt organisierten Taize-Jugendtreffen ist ungebrochen. Die jungen Christen aus mehr als 50 Nationen werden in Straßburg noch bis Neujahr gemeinsam singen, beten und über ihren Glauben sprechen. Die Vormittage verbringen sie mit ihren jeweiligen Gastgebern dezentral in den Kirchengemeinden.

Zudem werden gesellschaftspolitische Diskussionen, etwa mit Europaparlamentariern oder einer Richterin am Europäischen Menschenrechtsgerichtshof angeboten. "Taize ist für mich auch ein großes Netzwerk. Die Welt rückt irgendwie ein Stück zusammen", sagt die 24-jährige Schwedin Amanda Carlshamre.


Quelle:
KNA