Internationale Bischofsreise zu den Christen im Nahen Osten

"Es gibt keine Perspektive für Christen im Gazastreifen"

13 Bischöfe aus 9 Ländern sind zum traditionellen Solidaritätstreffen mit den Christen im Nahen Osten gereist. Der Weihbischof von Rottenburg-Stuttgart, Thomas Maria Renz, ist als Vertreter der Deutschen Bischöfe dabei. Ein domradio.de-Interview.

Israelisches Raketenabwehrsystem an der Grenze zu Gaza (dpa)
Israelisches Raketenabwehrsystem an der Grenze zu Gaza / ( dpa )

domradio.de: Herr Weihbischof, wo genau sind Sie gerade?

Renz: Wir sind heute jetzt in Ramallah, wo wir ein Gespräch gerade haben mit einem Vertreter vom Zentralkommittee der Fatah, der über den Friedensprozess und die Chancen einfach mit uns spricht. Das ist sehr interessant.

domradio.de: Also, das heißt, Sie sind auch in palästinensischen Gebieten unterwegs. Wenn eine so große Gruppe von Bischöfen da unterwegs ist, das fällt mit Sicherheit auf. Wie reagieren die Menschen denn auf Sie?

Renz: Also, wir müssen zum Teil aufpassen natürlich. Wir waren zum Beispiel gestern Nachmittag in Tel Aviv in einem Haus, das die Kirche in Deutschland überwiegend finanziert hat. Künftig sollen dort, geleitet von einem Jesuitenpater, viele Migranten, die dort ankommen in Tel Aviv, betreut werden bzw. Gottesdiensträume geschaffen werden für die Christen unter diesen Migranten, das sind etwa 50 000, schätzt man. Und dieses Haus wird gerade neu gebaut und die Umgebung ist da momentan ein bisschen kritisch überhaupt Migranten gegenüber. Und da mussten wir ein bisschen aufpassen, dass wir nicht zu geballt aufgetreten sind, und sind deswegen nur in einer kleinen Gruppe dort gewesen. Die Christen selber hier im Land sind natürlich sehr froh, dass wir da sind und brauchen solche Zeichen der Solidarität

domradio.de: Am Wochenende waren Sie auch direkt in Gaza, haben dort einen Gottesdienst gefeiert. Wie viele Christen leben denn da in diesem Grenzgebiet?

Renz: Man weiß es nicht so ganz genau. Es ist aber eine kleine Zahl. Also etwa 1,5 Millionen leben ja in Gaza und es sind nur ein paar tausend, man spricht von 2000 Christen, und davon wiederum nur ein paar hundert Katholiken. Also, das ist natürlich eine minimale Zahl von Christen, die aber dort relativ gut mit den anderen Religionen zusammenleben, aber halt in einer ganz schwierigen Situation sind, weil sie dort nicht rauskommen und keine Perspektiven dort im Gazastreifen selber haben.

domradio.de: Das Ganze ist ja ein Solidaritätstreffen. Die Konferenz findet in verschiedenen Orten statt: Jerusalem, Tel Aviv, haben Sie gerade schon gesagt, Bethlehem, und eben Gaza. Wie genau werden die kommenden Tage denn für Sie aussehen?

Renz: Wir haben verschiedenste Gespräche und Begegnungen. Heute Nachmittag zum Beispiel mit einer Gruppe von Studenten einer Universität in Jerusalem und wahrscheinlich noch mit der Oberbürgermeisterin von Bethlehem heute Abend. Und wir besuchen noch verschiedene soziale Einrichtungen. Heute Morgen in einer Reflexionsgruppe der Bischöfe, die einfach mal die ersten zwei Tage reflektiert haben, wurde auch ein bisschen bemängelt, dass wir noch mehr eigentlich den Kontakt zur normalen Bevölkerung und den Gläubigen gerne hätten, weil wir zum Beispiel heute Morgen eine Messe gefeiert haben in einer griechisch-orthodoxen Kirche - aber nur unter uns Bischöfen. Da war die Gemeinde nicht dazu eingeladen. Wir versuchen natürlich schon noch stärker mit den Leuten selber, und nicht nur mit Repräsentanten der politischen Szene oder des kulturellen Lebens, wie jetzt an der Universität, zusammenzukommen, aber es ist nicht so ganz einfach, weil die Reise eben auch so vorbereitet ist. Aber wir bekommen trotzdem sehr viele Einblicke und Eindrücke, die ganz wichtig sind für uns und die wir dann auch nachher, wenn wir wieder zurückkommen in unsere nationalen Bischofskonferenzen, diese Thematik auch mit den anderen Mitbrüdern besprechen.

Das Gespräch führte Verena Tröster.


Der Rottenburegr Weihbischof Renz in einem Berufsbildungszentrum in Gaza-Stadt (KNA)
Der Rottenburegr Weihbischof Renz in einem Berufsbildungszentrum in Gaza-Stadt / ( KNA )
Quelle:
DR