domradio.de: Herr Püttmann, in den Medien bleibt das Thema Limburg, bleibt das Thema Bischof Tebartz-van Elst weiterhin präsent. Unterstützer des Bischofs sehen in der ganzen Diskussion ja schon seit Monaten eine Medienkampagne gegen Tebartz-van Elst. Können die sich jetzt bestätigt sehen?
Püttmann: Es kommt drauf an, wie man Medienkampagne definiert. Das Wort kommt ja von Campus, freies Feld, und wurde dann im 17. Jahrhundert ins Deutsche vom Französischen übernommen und heißt so viel wie Feldzug. Es gibt gerechte und ungerechte Feldzüge. Was es wirklich ist, wird sich erst im Nachhinein zeigen, wenn nämlich die Frage geklärt ist, wie der Wahrheitsgehalt der medialen Aussagen ist. Zielgerichtet und koordiniert sind zwei Kriterien für Kampagne, die ich für gegeben halte. Zumindest zielgerichtet: Man will den Bischof aus dem Amt bringen. Koordiniert nicht im Sinne von Absprachen, aber doch im Sinne eines Medientenors, den man auch als Rudeljournalismus bezeichnet hat. Aber ob es sich nun um berechtigte Anliegen handelt – es kann ja durchaus eine Selbstreinigung sein, eine Gesellschaft, die moralische Maßstäbe verteidigt, zum Beispiel dass sie Bischöfe haben will, die nicht lügen – das wäre ein durchaus legitimes Anliegen. Oder ob es sich um Desinformationen handelt und um falsche Nachrede.
domradio.de: Der Bischof hält sich ja selbst an das Verschwiegenheitsgebot. Er äußert sich nicht, dafür aber etliche andere. Es gibt immer wieder Berichte, die auch aus verschiedenen Richtungen kommen. Ganz aktuell hat sich jetzt auch nochmal Jochen Riebel, der Herr aus dem Vermögensverwaltungsrat geäußert, der den Bischof wiederholt belastet. Zuvor war es aber unter anderem auch Erzbischof Gänswein, der sich wiederholt für Bischof Tebartz-van Elst stark gemacht hat. Welches Interesse haben denn die verschiedenen Kreise, sich eigentlich ständig zu Wort zu melden?
Püttmann: Also, ich würde drei Interessengruppen unterscheiden. Zunächst einmal sind da die kirchenpolitischen Gegner von Tebartz-van Elst, also die reformkatholische oder liberalkatholische Strömung. Denen ist ein konservativer Bischof natürlich ein Dorn im Auge, insbesondere weil Limburg ja unter Vorgänger-Bischof Kamphaus eher liberal geführt wurde. Dann haben aber die Gegner dieser angeblichen Medienkampagne auch ein Interesse, sie sehen nämlich in Tebartz ein Bollwerk für die rechte Glaubenslehre, das sie nicht preisgeben wollen und wo sie eventuell auch mal über Fehler und Schwächen gerne hinwegsehen. Dann gibt es noch die dritte Gruppe, das sind diejenigen, die irgendwie selbst involviert sind, die könnten auch ein Interesse haben, ihre eigene Haut zu retten und sich selbst zu entlasten.
domradio.de: Welchen Einfluss könnten denn solche ständigen Zwischenrufe haben auf das Ergebnis des laufenden Verfahrens?
Püttmann: Den würde ich eher gering einschätzen, soweit ich diese Fachleute kenne, sind es seriöse Leute, die sich um eine objektive Klärung bemühen, und selbst, wenn sie Interesse hätten, jetzt hier Kosmetik zu betreiben, um die Kirche gut davonkommen zu lassen, wüssten sie ja nicht, wodurch sie das erreichen könnten. Denn wenn der Bericht eine weitgehende Entlastung des Bischofs enthält, dann kann das der Kirche mehr schaden, als eine Belastung. Weil man das sagen würde, dass nur eine formale Prüfung gemacht wurde um den Bischof reinzuwaschen. Wenn sie ihn hingegen belasten, könnte natürlich auch ein schlechtes Licht auf die Kirche geworfen werden. Insofern kann man nicht erkennen, durch welche Strategie man überhaupt ein für die Kirche positives Ergebnis erreichen könnte. Ich denke, die Gruppe bemüht sich um Sachlichkeit, Korrektheit und Fairness.
domradio.de: Die aktuellen Medienberichte drehen sich um die zeitweilige Anwesenheit des Bischofs in Limburg. Er soll sich mehrere Tage im Monat in seinem Bischofssitz aufhalten und dort wohnen. Das ist ihm nach dem päpstlichen Schreiben vom Oktober auch keinesfalls verboten. Warum werden aber solche Details dann so auf die Bühne gehoben?
Püttmann: Wenn der Bischof keine öffentliche Amtsausübung betreibt, sondern wirklich nur private Dinge regelt und das nicht ständig, sondern nur gelegentlich, dann hat er in der Tat das Recht dazu. Die andere Frage ist aber natürlich, wie klug es ist, und ob nicht der Verdacht, hier schon demonstrativ Präsenz zu zeigen, um die Öffentlichkeit vorzubereiten auf eine Rückkehr, besser hätte vermieden werden können. Denn die Begründungen, die jetzt genannt werden, er müsse private Post erledigen und seine Kleidung waschen, mutet schon etwas putzig an. Denn Kleidung kann man sicherlich auch im Kloster Metten waschen, und private Post könnte man auch dorthin schicken. Das ist mir noch nicht ganz durchsichtig, welche tatsächlichen Zwecke hier diese Präsenz hat. Allerdings, daraus nun einen Aufmacher in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Sonntag zu machen, das scheint mir etwas übertrieben, genau wie manches andere in der Medienberichterstattung. Z.B. diese öffentlichen Diagnosen und Verdikte über den Gesamtcharakter des Bischofs. Und auch Begriffe wie Protzbischof oder Lügenbischof sind natürlich Übertreibungen, die wiederum die besondere Verstocktheit der Bischofsverteidiger herausfordern. Die wiederum sind ihrerseits blind dafür, dass der Bischof tatsächlich Dinge getan haben könnte, wo man doch sehr überlegen muss, ob die in Ordnung waren.
domradio.de: Sollte der Bericht nun tatsächlich den Bischof nicht weiter belasten, spricht dann etwas dagegen, dass er zurückkommt nach Limburg?
Püttmann: Das kommt darauf an, ob der Bericht nur geklärt hat, ob die Verwaltungsvorgänge einigermaßen korrekt gelaufen sind. Wenn nur dabei herauskommt, dass kein weltliches und kein kirchliches Recht verletzt wurde, dann heißt das ja noch lange nicht, dass der Bischof zurückkehren kann. Denn Recht kann immer nur ein ethisches Minimum gewährleisten, von einem Bischof der katholischen Kirche erwartet man aber mehr als das ethische Minimum. Dann stellt sich schon die Frage, ob ein 48 Quadratmeter-Schlafzimmer nicht etwas überdimensioniert ist oder eine Designergarten für 700.000 Euro. Wenn sich also die Frage nach der Verschwendung bestätigen sollte. Und nicht umsonst musste der Bischof ja 20.000 Euro bei Gerichte zahlen. Ein lügender Bischof ist untragbar für die katholische Kirche, und insofern habe ich nicht die großen Hoffnungen, dass der Bericht nun alle Fragen wirklich klären wird.
Das Gespräch führte Matthias Friebe.