Belgien erlaubt Sterbehilfe für Minderjährige

Traurige Premiere

Belgiens Abgeordnetenkammer hat dem umstrittenen Gesetz zur Sterbehilfe für Minderjährige zugestimmt. Damit sollen unheilbar kranke Kinder aktive Sterbehilfe bekommen können, wenn sie das ausdrücklich verlangen.

Hospiz: Begleitung statt Sterbehilfe (epd)
Hospiz: Begleitung statt Sterbehilfe / ( epd )

Zudem muss der Wunsch des Kindes durch mehrere Experten bestätigt werden; auch die Eltern müssen der Entscheidung zustimmen. In der Abstimmung stimmten 86 Abgeordnete für das Gesetz und 44 dagegen. 12 enthielten sich der Stimme. Der Senat in Brüssel hatte das Gesetzes-Vorhaben bereits Ende 2013 gebilligt; der Justizausschuss der Kammer schloss sich an. Belgien ist damit weltweit das erste Land, das für aktive Sterbehilfe keine Altersgrenze mehr vorgibt. In den Niederlanden ist bislang Tötung auf Verlangen für Jugendliche über zwölf Jahren sowie für unheilbar kranke Neugeborene erlaubt. Die Niederlande und Belgien hatten 2002 als erste Länder weltweit die aktive Sterbehilfe legalisiert. Luxemburg folgte 2009.

Vor allem Kirchen und Patientenverbände haben davor gewarnt, die Sterbehilfe auf Kinder auszuweiten. Umfragen zufolge ist die Mehrheit der Belgier aber für das Gesetz. 2012 wurde in Belgien mit 1.432 Menschen, die aktive Sterbehilfe in Anspruch nahmen, ein Rekordstand erreicht. Diese machten rund zwei Prozent aller gemeldeten Todesfälle aus.

Die Legalisierung aktiver Sterbehilfe auch für Kinder in Belgien stößt in Deutschland auf heftige Kritik. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe sagte am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin, das Beispiel Belgiens zeige, "wie eine vermeintlich eng begrenzte Legalisierung aktiver Sterbehilfe innerhalb weniger Jahre auf eine schiefe Ebene immer weitergehender Patiententötungen führt".

Belgiens Abgeordnetenkammer hatte am Donnerstag dem umstrittenen Gesetz zur Sterbehilfe für Minderjährige zugestimmt. Damit sollen unheilbar kranke Kinder aktive Sterbehilfe bekommen können, wenn sie das ausdrücklich verlangen und zu einer Einschätzung in der Lage sind. Zudem muss der Wunsch des Kindes durch mehrere Experten bestätigt werden; auch die Eltern müssen der Entscheidung zustimmen.

Entgegen den Beteuerungen der Befürworter, Sterbehilfe nur für tödlich erkrankte, unerträglich leidende Erwachsene zuzulassen, sei es in Belgien Schritt für Schritt zu Ausweitungen gekommen, kritisierte Hüppe. Dies müsse in Deutschland auch in der Debatte um organisierte Beihilfe zur Selbsttötung beachtet werden.

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz sprach von einem verhängnisvollen Weg des belgischen Parlaments. "Mit dieser Entscheidung verabschiedet sich Belgien von den gemeinsamen humanitären Werten in Europa", sagte Vorstand Eugen Brysch der KNA. Dreijährige, Fünfjährige oder Zehnjährige könnten keine Entscheidung über ihre eigene Tötung treffen. "Auch ein Leidenskatalog, der von Ärzten und Psychologen entwickelt werden soll, kann niemals objektiv sein, um die Voraussetzungen für das Recht auf Tötung zu definieren. Leid lässt sich so nicht aus der Welt schaffen."

Brysch forderte die Bundesregierung und die EU auf, die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe für Kinder und Jugendliche zum Thema in Europa machen. "Berlin darf nicht länger zusehen, wie unsere Nachbarn das Töten selbst von Kleinkindern erlauben." Stattdessen müsse das Europäische Parlament ein Mindestangebot für die Kinderhospizarbeit festlegen.

Die Deutsche PalliativStiftung kritisierte ebenfalls den Beschluss des belgischen Parlaments und forderte mehr Aufklärung über Hospizarbeit und Palliativmedizin. "Zu wenige wissen, dass eine gute Palliativversorgung Sterbehilfe überflüssig macht", erklärte Thomas Sitte, Vorstandsvorsitzender der Stiftung, in Fulda. "Ich weiß, dass der Wunsch nach Sterbehilfe oft aus Verzweiflung und Nicht-Wissen über die palliative Versorgung heraus aufkommt, aber alle belastenden Symptome schwerstkranker Kinder und Erwachsener können gelindert werden." Zugleich forderte die Stiftung, dass Tötung auf Verlangen in Deutschland eine Straftat bleiben müsse.


Albtraum: Tod eines Kindes (dpa)
Albtraum: Tod eines Kindes / ( dpa )
Quelle:
KNA