Erzbischof Zollitsch zur Situation der Kirche

"Weg des Dialogs fortsetzen"

Freiburgs Erzbischof Zollitsch war sechs Jahre das Gesicht der katholischen Kirche in Deutschland. Nun zieht er sich von der Spitze der Bischofskonferenz zurück. Geeignete Nachfolger sieht er einige.

Erzbischof Zollitsch (dpa)
Erzbischof Zollitsch / ( dpa )

Bei der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz geht eine Ära zu Ende. Am 12. März wählen die in Münster versammelten katholischen Geistlichen einen neuen Vorsitzenden. Freiburgs Erzbischof Robert Zollitsch, der das Amt sechs Jahre innehatte, schaut im Interview der Nachrichtenagentur dpa zurück - und nach vorn.

dpa: Was war die schwierigste Herausforderung Ihrer Amtszeit als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz?

Erzbischof Zollitsch: Es gab Schönes und Schweres. Höhepunkt in meiner Amtszeit war sicherlich der Besuch von Papst Benedikt in seiner Heimat und bei uns in Freiburg. 360 000 Menschen haben ihn in diesen Tagen erlebt - und sind gestärkt und ermutigt im Glauben nach Hause gegangen. Das war 2011. Und diese Stärkung war wichtig, denn ein Jahr zuvor sind wir zutiefst erschüttert worden von den Fällen sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen. Das war die schwerste Herausforderung für mich, weil ich mir so etwas - in diesem Ausmaß - nie habe vorstellen können.

dpa: Wird es bei dem Treffen in Münster einen Beschluss zu einem neuen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen geben, wenn ja welchen?

Erzbischof Zollitsch: Den Beratungen in Münster möchte ich nicht vorgreifen. Wir haben das Thema ja kontinuierlich auf der Tagesordnung und arbeiten Stück für Stück theologisch voran weiter. In Münster geht es nicht um einen Beschluss. Aber wir sind in der innerkirchlichen Debatte viel weiter als noch vor fünf oder sechs Jahren! Und auch in die kommende Bischofssynode werden wir unsere Impulse einbringen. Papst Benedikt und Papst Franziskus ermutigen uns ja, einen Weg zu finden, dass sich niemand in dieser Kirche ausgeschlossen fühlt.

dpa: Vor welchen Herausforderungen steht die Deutsche Bischofskonferenz in den nächsten Jahren?

Erzbischof Zollitsch: Es ist wichtig, den eingeschlagenen Weg des Dialogs fortzusetzen. Vieles ist durch diesen Prozess angestoßen worden. Dabei müssen wir uns immer von der Frage leiten lassen: Was will uns Gott heute sagen für unseren Weg in die Zukunft? Es ist notwendig, im oft hektischen Alltag, der von zu vielen internen Debatten geprägt ist, die Stimme Gottes nicht zu überhören. Der Weg Gottes führt immer zum Menschen. Deshalb braucht es alle Anstrengungen, dass wir die Gläubigen mitnehmen, auch die Suchenden und Zweifelnden. Dazu zählen ganz konkrete Fragen: Sprechen wir eine Sprache, die verstanden wird? Geben wir Antworten auf die Fragen, die die Gläubigen uns stellen? Ist unsere Pastoral den Menschen nahe? Wie sieht gelingende Seelsorge aus, in der Priester und Laien, Hauptberufliche und Ehrenamtliche mit den ihnen jeweiligen Charismen ernst genommen werden und in der sie in gegenseitiger Ergänzung zusammenarbeiten?

dpa: Welches Thema sollte der neue Vorsitzende als erstes angehen?

Erzbischof Zollitsch: Ich möchte meinem Nachfolger nicht schon im Vorfeld eine Empfehlung geben. Aber ich ermutige ihn, eine hörende, pilgernde und dienende Kirche zu verkörpern. Das ist authentisch und wird von den Gläubigen und der Gesellschaft verstanden.

dpa: Welche Kriterien muss der neue Vorsitzende aus Ihrer Sicht erfüllen?

Erzbischof Zollitsch: Ich wünsche mir einen Nachfolger, der als geistlicher und betender Mensch für die Freude des Evangeliums begeistern kann, der dialogbereit ist und sich in die Hoffnungen und Nöte Anderer gut hineinversetzen kann.

dpa: Verraten Sie uns Ihren Favoriten?

Erzbischof Zollitsch: Es gibt eine ganze Reihe unter den Diözesanbischöfen, die sich für diese verantwortungsvolle Aufgabe hervorragend eignen. Doch ich habe nicht den Ehrgeiz, meinen Nachfolger bestimmen zu wollen.

Das Interview führte Stefan Kruse.


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dpa