UN-Ermittler legen neuen dramatischen Bericht vor

Eine Million syrische Kinder von Hilfe abgeschnitten

Das Leid der Mädchen und Jungen in Syriens Bürgerkrieg wir immer unerträglicher. Sie hungern, werden in Gefängnisse gesperrt oder als Kämpfer missbraucht. UN-Experten verurteilen die Kriegsverbrechen an Kindern.

Syrische Kinder auf der Flucht vor dem Krieg (dpa)
Syrische Kinder auf der Flucht vor dem Krieg / ( dpa )

Syriens Kinder leiden laut einem Bericht von UN-Ermittlern immer stärker unter Hunger und Gewalt. Rund eine Million Mädchen und Jungen lebten in belagerten Orten oder in anderen Gebieten ohne humanitäre Hilfe, warnte die Untersuchungs-Kommission zu Syrien des UN-Menschenrechtsrates am Dienstag in Genf. Viele Kinder seien bereits verhungert.

"Tragische Realität des Krieges"

Die Experten beschuldigten sowohl die Regierung des Gewaltherrschers Baschar al-Assad als auch verschiedene Rebellenorganisationen Kriegsverbrechen an Kindern verübt zu haben. "Das ist die tragische Realität des syrischen Krieges", erklärte der Vorsitzende der Kommission, der brasilianische Jurist Paulo Sérgio Pinheiro bei der Vorstellung des neuen Berichts.

Vierjährige im Gefängnis

Die Heranwachsenden würden Opfer unbeschreiblicher Gewalt wie etwa dem Beschuss von Wohnvierteln durch Regierungstruppen. Bereits seit Oktober 2013 habe diese Art der Kriegsführung zugenommen. Verwendet würden unter anderem auch die besonders zerstörerischen Fassbomben, die mit Sprengstoff und Metallteilen gefüllt sind. Zudem halte das Assad-Regime Kinder unter unmenschlichen Bedingungen in Gefängnissen fest. Viele von ihnen seien zwischen vier und zehn Jahre alt.

Kinder als Kämpfer der Rebellen

Die Rebellengruppen setzen Kinder als Kämpfer ein, wie die UN-Ermittler berichteten. Die Kindersoldaten seien neben der physischen Gefahr auch langfristigen psychischen Belastungen ausgesetzt. Rebellen entführten Kinder als Rache für das Verhalten ihrer älteren männlichen Verwandten, die etwa für das Assad-Regime oder andere Rebellengruppen Partei ergriffen hätten.

Kinder sowie erwachsene Zivilisten würden zudem immer öfter von Autobomben und Selbstmordattentätern verletzt oder getötet. Im Berichtszeitraum vom 20. Januar bis 10. März 2014 sei eine Zunahme dieser Anschläge zu verzeichnen.

2700 Interviews mit Flüchtlingen

Kommissionschef Pinheiro erklärte, er habe die vierte Liste mit Namen möglicher Kriegsverbrecher beim UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hinterlegt. Auf der Liste befänden sich Namen hochrangiger Vertreter des Assad-Regimes und von Rebellenorganisationen. Das Pinheiro-Team, dem auch die frühere Chefanklägerin des Jugoslawientribunals Carla Del Ponte angehört, darf nicht in Syrien ermitteln. Deshalb muss es sich auf Aussagen von geflohenen Syrern und andere Dokumente verlassen. Seit Beginn ihrer Tätigkeit 2011 führten die Ermittler 2700 Interviews.

Seit Ausbruch des Syrien-Konflikts vor drei Jahren starben nach Schätzungen mehr als 130.000 Menschen, fast zehn Millionen Männer, Frauen und Kinder sind auf der Flucht. Das Assad-Regime und mehrere Rebellengruppen kämpfen um die Macht.


Quelle:
epd