Politiker von Union und SPD lehnen eine Minderung des Strafmaßes wegen des religiösen oder kulturellen Hintergrunds eines Täters vehement ab. Innenexperte Wolfgang Bosbach (CDU) sagte der "Bild-Zeitung" (Montag): "Es darf in Deutschland keinen Rabatt für Täter geben, die sich bei Ihren Verbrechen auf religiöse Motive berufen. Maßstab der Rechtsprechung darf bei uns ausschließlich die deutsche Rechts- und Werteordnung sein, nicht die der Scharia." CSU-Innenexperte Stephan Mayer betonte in der Zeitung: "Einen Islam-Rabatt für Straftäter darf es nicht geben. Alles andere wäre ein Skandal und mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren."
"Vor Gericht sind alle gleich"
Auch die SPD lehnt einen strafmildernden Rabatt für vermeintlich religiös motivierte Straftaten ab. "Vor Gericht sind alle gleich. Es darf dort wegen der Religion oder der Herkunft eines Straftäters weder Vor- noch Nachteile geben", so der innenpolitische Sprecher der SPD, Michael Hartmann in der "Bild-Zeitung". Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) kritisierte in diesem Zusammenhang vor allem den Begriff "Ehrenmord". "Im deutschen Recht gibt es kein Verstecken hinter einem Ehrbegriff." Sie begrüßte, dass sich der Deutsche Juristentag im September noch einmal intensiv mit dem Thema befassen wolle.
"Zwangslage aufgrund religiöser Herkunft"
Anlass für die Äußerungen ist ein Richterspruch am Landgericht Wiesbaden vom vergangenen Montag. In dem Prozess gegen einen 24-jährigen Deutsch-Afghanen, der seine schwangere Ex-Freundin mit drei Messerstichen getötet hatte, lehnte es der Richter nach dem Urteil lebenslänglich ab, die besondere Schwere der Schuld des Täters festzustellen. Zur Begründung sagte der Richter, dass der Mann sich "aufgrund seiner kulturellen und religiösen Herkunft in einer Zwangslage befunden" habe. Das Urteil gegen den Täter, der die junge Frau vergeblich zu einer Abtreibung hatte zwingen wollen, sorgte bundesweit für heftige Kritik.
Unterdessen warnte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), vor einer Schieflage in der Debatte. Es sei "absurd", das Urteil mit einem "Islambonus" in Verbindung zu bringen.
"Weder im Islam noch im Christentum wäre es auch nur annähernd akzeptabel, eine Frau zur Abtreibung zu drängen, und es gäbe wohl kaum eine größere Sünde als eine schwangere Frau zu ermorden", sagte Özoguz der "Passauer Neuen Presse".