Gemeinsamer Kampf von afrikanischen und westlichen Staaten

Boko Haram wird zum internationalen Thema

Westliche und afrikanische Staatschefs haben in Paris auf eine gemeinsame Strategie gegen die nigerianische Terrorgruppe Boko Haram geeinigt. Präsident Hollande profiliert sich einmal mehr als Macher auf dem afrikanischen Kontinent.

Die Präsidenten von Frankreich und Nigeria, Hollande und Jonathan (dpa)
Die Präsidenten von Frankreich und Nigeria, Hollande und Jonathan / ( dpa )

Man stelle sich vor, zu Zeiten der baskischen Terrorgruppe ETA wären der französische Präsident und der spanische Regierungschef zu einem Gipfeltreffen nach Afrika gereist, um dort über eine gemeinsame Strategie gegen die Gruppe nachzudenken: Es wirft keine gutes Licht auf die afrikanischen Staatschefs, dass sie erst eine Einladung in den Elysée brauchen, um sich auf simple Dinge wie eine bessere Überwachung der gemeinsamen Grenzen und den Austausch von Informationen zu einigen.

Keine Mittel gegen den Terror

Die Terrororganisation Boko Haram ist längst nicht mehr nur ein nigerianisches Problem, sie droht die gesamte Region zu destabilisieren. Der nigerianische Präsident Goodluck Jonathan hatte jedoch lange gezögert, Boko Haram zu einem internationalen Thema zu machen. Für ihn ist es ein Eingeständnis von Schwäche, dass er es mit einer der mächtigsten Armeen des Kontinents nicht schafft, dem Terror im eigenen Land beizukommen.

Hinzu kommt, dass die Beziehungen zu Kamerun, wo Boko Haram Zuflucht sucht und ebenfalls Terrorakte verübt, wegen eines alten Grenzkonflikts lange auf Eis lagen. Die Tatsache, dass Jonathan und sein kamerunischer Amtskollege Paul Biya sich in Paris an einen Tisch gesetzt haben, gilt schon als erster Erfolg des Gipfels. Aber im Grunde hätten sie auch ohne französisches Coaching miteinander telefonieren können.

Rührpotenzial und Promifaktor

Dass François Hollande sich einmal mehr als Macher auf dem afrikanischen Kontinent profiliert, liegt aus Sicht seiner Kritiker nicht zuletzt an dem Rührpotenzial und dem Promifaktor der Geschichte um die entführten Schulmädchen.

Seit die Geiselnahme mit einiger Verspätung endlich internationale Aufmerksamkeit bekam, setzten sich zahlreiche Stars und Prominente für die Freilassung ein. In Paris kam es sogar zu einem viel kommentierten gemeinsamen Auftritt der beiden Ex-Partnerinnen des Präsidenten, Ségolène Royal und Valerie Trierweiler.

Frankreich werde in Nigeria nun dieselben Mittel einsetzen wie bei anderen Geiselnahmen in der Sahelzone, hieß es im Elysée. Die französische Regierung hat die jungen Nigerianerinnen, von denen einige offensichtlich zum Islam zwangskonvertiert wurden, also gewissermaßen vorübergehend zu französischen Staatsbürgern deklariert.

Kein Militäreinsatz gegen Boko Haram

Sollte die Freilassung ohne Opfer glücken, wäre es eine wunderbare Nachricht für alle Menschen weltweit, die Anteil nehmen an dem Schicksal der Mädchen. Und Hollande, der wegen mangelnder Überzeugungskraft seit Monaten auf der Beliebtheitsskala nach unten ruscht, würde vermutlich ein paar Punkte gut machen.

Ob die am Samstag beschlossene Strategie - eine bessere Überwachung der Grenzen, Koordinierung der Geheimdienste, verstärkte Militärpräsenz in der Region des Tschadsees - effizient ist, um Boko Haram zu bekämpfen, ist keineswegs sicher. Ähnlich wie andere afrikanische Terrorgruppen, beispielsweise El-Kaida im islamischen Maghreb, sind die Terroristen in der gesamten Region mobil und können mit geringem Aufwand und Material enormen Schaden anrichten. Einen westlichen Militäreinsatz wie in Mali oder der Zentralafrikanischen Republik schloß Hollande kategorisch aus.


Quelle:
epd