Bundespräsident Gauck beim Katholikentag in Regensburg

"Da habe ich wieder eine Menge gelernt"

Die Ökumene ist beim Katholikentag ein zentrales Thema, für das sich auch der Bundespräsident stark macht. Bei katholischen Hilfswerken informiert sich Gauck zudem über Flüchtlinge und Projekte für Osteuropa.

Autor/in:
Dirk Johnen
Gauck mit P. Dartmann (Renovabis) (dpa)
Gauck mit P. Dartmann (Renovabis) / ( dpa )

Sein Auftritt hat starke Symbolkraft: Bundespräsident Joachim Gauck baut beim Katholikentag in Regensburg selbst Brücken zu Menschen. Offen geht er auf sie zu und sucht das Gespräch. Und dann reißt er sogar Mauern ein: Mit Leichtigkeit wirft das Staatsoberhaupt gleich zwei Steine aus einer Styroporwand um, die an die einstige Berliner Mauer und den Eisernen Vorhang zwischen Ost und West vor 25 Jahren erinnern soll. Das Bild vom Einsturz der Mauern am Stand des katholischen Hilfswerks Renovabis für Menschen in Mittel- und Osteuropa, über dessen Arbeit sich der Bundespräsident am Donnerstag ausführlich informiert, spricht wohl Bände.

Aus eigener leidvoller Erfahrung wisse er, wie wichtig Unterstützung und Partnerschaft gerade in Zeiten der Trennung seien, erinnert der frühere evangelische Pfarrer an sein Leben in der ehemaligen DDR. Solche Partnerschaften gäben Kraft, unterstreicht Gauck und würdigt damit die Renovabis-Projekte der deutschen Katholiken in mehr als 20 europäischen Ländern.

Ermutigung für Renovabis-Arbeit

Ein wichtiger Baustein dabei ist die Aufarbeitung der Vergangenheit. "Versöhnungsarbeit ist oft sehr schwer, weil viele es nicht so genau wissen wollen", sagt Gauck, der einst die Behörde zur Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen leitete. Deshalb warnt er: "Versöhnung ohne Wahrheit ist ein dünner Firnis." Daher ermutigt der Bundespräsident die Renovabis-Mitarbeiter, ihre Arbeit fortzusetzen und sich nicht entmutigen zu lassen.

Von seinem Besuch auf der Campus-Meile nimmt das Staatsoberhaupt neben bewegenden Eindrücken aus vielen Gesprächen auch ein kleines Kreuz mit - es ist aus einer "abgeschossenen Patrone" geformt, sagt Gauck. Ein Geistlicher aus dem Kongo berichtet dem Bundespräsidenten vor einem Missio-Truck von der Situation der Menschen in dem Bürgerkriegsland. Für Gauck ist dies eine Gelegenheit, zu Solidarität mit den Flüchtlingen zu mahnen, deren Schicksale nicht vergessen werden dürften. "Es hilft uns, unsere Herzen weiter zu machen", sagt er beim Besuch der rollenden Ausstellung am Missio-Stand.

Erneut ermutigte der Bundespräsident die Christen unterschiedlicher Konfessionen zu mehr Zusammenarbeit in der Ökumene. "Da helfen Befehle von oben wenig", sagte Gauck. "Das muss von unten wachsen." Gauck hatte bereits bei der Eröffnung des katholischen Laientreffens eine stärkere Zusammenarbeit der christlichen Kirchen angemahnt. Bei einer Podiumsdiskussion ermutigte Gauck anschließend die Menschen zu mehr gesellschaftlichem Engagement. "Was mich am meisten besorgt, ist eine grassierende Gleichgültigkeit", sagte er.

Bunt und stimmungsvoll trotz Regens

Immer wieder sucht der Bundespräsident auf dem Katholikentag die Begegnung mit anderen Menschen. Er ist gespannt, unterschiedliche Sichtweisen zu den Themen des Katholikentages zu erfahren. Mit seiner Unterschrift unterstützt er die Aktion Hoffnung, die Kleidung sammelt für Entwicklungsprojekte. Begeistert berichten ihm junge Menschen von ihrer Wette, dass der Katholikentag es nicht schaffen wird, die Worte "Kirche", "Gott" und "Brücke" in 33 verschiedenen Sprachen an einer Wand festzuhalten.

Dass der Himmel es an diesem Himmelfahrtstag überhaupt nicht gut mit den Besuchern des Katholikentages in Regensburg meint, stört keinen wirklich: Von oben kommt Dauerregen. Das hält aber 17.000 Gläubige nicht davon ab, den christlichen Feiertag mit einem großen Festgottesdienst unter freiem Himmel zu beginnen, bevor sie sich mit kirchlichen und gesellschaftlichen Themen befassen wollen. Trotz dunkler Wolken am Firmament und nasstrüben Aussichten gibt sich der Katholikentag bunt und stimmungsvoll.

In der Stadionmitte halten Menschen Regenschirme in allen Farben hoch, tragen Regencapes, singen fröhliche Lieder und klatschen mit. Von der überdeckten Bühne blickt der Bundespräsident auf die Menschenmenge, am Schluss klatscht er kräftig mit. Ihm gleich tun es auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, und der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der den Gottesdienst als "großartig" empfunden hat.

Von der "großen Gemeinschaft", die sie beim Katholikentag erleben, sind viele Gottesdienstbesucher angetan. Ihre gute Stimmung spürt auch der Bundespräsident, der sich zwei Tage Zeit für den 99. Katholikentag reserviert hat. Dass sich der evangelische Theologe Gauck mehr Ökumene und Brückenschläge zwischen den Kirchen wünscht, daraus macht er in Regensburg keinen Hehl. Nach dem Gottesdienst schüttelt er freundlich viele Hände, spricht mit vielen Besuchern, informiert sich über die Arbeit verschiedener Gruppen und Initiativen. Am Ende sagt Gauck: "Da habe ich ja wieder viel gelernt.


Quelle:
epd