"Konkurrenz belebt das Geschäft" steht über einem Pfeil, der andere im Regensburger Kolpinghaus führt Richtung "Junger Bischof". Das Ergebnis der Abstimmung mit den Füßen ist mehr als eindeutig: Die Veranstaltung über die Herausforderung für Katholiken und Protestanten durch evangelikale Freikirchen findet Zulauf, doch der Festsaal, in dem die Diskussion mit dem 48-jährigen Passauer Bischof Stefan Oster stattfindet, ist bereits eine Stunde vor Beginn gut gefüllt und eine halbe Stunde vorher proppenvoll.
Im Festsaal des Kolpinghauses sind überdurchschnittlich viele junge Menschen. So wie Tobias Königseder aus dem Bistum Passau. "Bis jetzt sehr gut", sei der Eindruck, den er von Oster habe, sagt der 24-Jährige. Die 27-Jährige Sabrina Bamboschek stammt aus dem Bistum Augsburg. In Benediktbeuern hat sie Theologie studiert. Einer ihrer Professoren: Stefan Oster. Sie wünscht ihrem ehemaligen Hochschullehrer, dass "der Hype um seine Person abnimmt, aber seine Gabe erhalten bleibt, junge Menschen für den Glauben zu begeistern".
Als Oster den Saal betritt, erheben sich die Menschen von ihren Stühlen und klatschen. Der gebürtige Oberpfälzer lächelt und winkt. Er weiß sich, sagt er, "sehr getragen von einer Welle", aber er weiß auch, dass der Enthusiasmus der Menschen mit nur schwer erfüllbaren Erwartungen an ihn verbunden ist. Und er weiß nicht, "wie Bischof sein geht", aber es werde sich zeigen. Dann spricht Oster über die junge Kirche und junge Menschen. Applaus. Das Christentum wachse nie durch Propaganda, "immer nur durch Anziehung". Applaus. Die Frage nach dem Glauben junger Menschen könne er nicht mehr hören: "Leben sie authentisch das Evangelium, und die jungen Leute kommen." Applaus.
Die Versuchung der Eitelkeit
Wenn der Bischof, der am Dienstag 49 wird, spricht, dann predigt er. Er begeistert, fasziniert, zieht an. 70 bis 80 Prozent seiner Motivation bei der früheren Arbeit als Radiomoderator sei Eitelkeit gewesen, gesteht er. "Und diese Versuchung kommt gewaltig zurück, wenn Sie alle toben." Der Applaus macht ihm nach eigenem Bekunden Angst, denn es gehe darum, Jesus Christus zu verkündigen. Die Ausnahmezustände um ihn herum will er "geistlich bewältigen". Er will nicht nur locker wirken, sondern mit seinem zölibatären Lebensstil auch "eine Provokation" sein, er will zeigen, dass Gott allein genügt. Das sagt ein Mann, der jahrelang mit einer Frau in einer festen Beziehung gelebt hat und auch darüber spricht. Er trennte sich, trat in den Orden ein, der sich besonders der Jugendarbeit verpflichtet weiß. Heute sei er mit der Ex "tief versöhnt".
Bereits am Donnerstag hatte Oster eine Veranstaltung moderiert. Die Diskussion zum Thema "Gott, der Urknall und die schwarzen Löcher" mit einem Astrophysiker und einem Theologieprofessor leitet der Ex-Radiomann professionell-souverän, versucht die komplizierten naturwissenschaftlichen Zusammenhänge vom abstrakten auf ein für Laien verständliches Niveau herunter zu brechen. Da will er beispielsweise zeigen, dass bei einer Fragestellung Zugang und Blickwinkel sehr unterschiedlich sein können. Oster erläutert, dass ein Apfel von einem Naturwissenschaftler, einem Lebensmittelhändler, einem Bauern und einem hungrigen Menschen völlig verschieden betrachtet werde. Das verstehen alle.
Weil Oster, der als Vertrauter des Regensburger Bischofs Rudolf Voderholzer gilt, bei der Vorbereitung des Christentreffens mitwirkte, hatte er den Moderatorenjob übernommen. Bei der Zusage habe er "noch nicht gewusst, was am vergangenen Wochenende passierte". Er habe sich aber entschieden, "es trotzdem zu machen", weil ihn das Thema interessiert. Im Programm wurde der Salesianer noch als "Prof. P. Dr. Stefan Oster, Benediktbeuern" angekündigt. Kurz danach ändert sich alles. Der Pfeil geht Richtung "Junger Bischof".