"Ich hoffe, dass diese Begegnung der Beginn eines neuen Weges auf der Suche nach dem sei, was eint, um das zu überwinden, was trennt", sagte der Papst bei dem Treffen mit dem israelischen Staatschef Schimon Peres und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in den Vatikanischen Gärten, zu dem auch der orthodoxe Patriarch Bartholomäus eingeladen war. Am Ende der Zeremonie reichten sich Peres, Abbas und Franziskus demonstrativ die Hände.
Bei der beispiellosen Begegnung auf einer Wiese ohne religiöse Symbole in den Vatikanischen Gärten wurden für Juden, Christen und Muslime nacheinander getrennte Gebete gesprochen. Auf Italienisch, Englisch, Hebräisch und Arabisch wurde Gott für die Schöpfung der Menschen gedankt, um Vergebung gebeten und für Frieden gebetet. Auf Einladung des Papstes nahm auch der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., an dem Treffen teil.
Welt als Leihgabe unserer Kinder
Franziskus mahnte Peres und Abbas, dass die Welt nicht nur "ein Erbe von unseren Vorfahren" sei, sondern vielmehr auch "eine Leihgabe unserer Kinder". Und diese Kinder seien "müde und erschöpft von den Konflikten" und verlangten, "den Anbruch des Friedens zu erreichen". Im Anschluss sagte Franziskus, es gelte, "Mauern der Feindschaft niederzureißen", denn allzu viele Kinder seien bereits Opfer von Krieg und Gewalt geworden: "Es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass ihr Opfer nicht vergeblich war."
Die Sehnsucht nach Frieden
Der israelische Präsident Peres sagte, Israelis und Palästinenser sehnten sich nach Frieden. Auch wenn die Lösung des Konflikts in weiter Ferne zu liegen scheine, dürfe in den Bemühungen um Frieden im Nahen Osten nicht nachgelassen werden. Palästinenserpräsident Abbas äußerte die Hoffnung, dass Palästina ein "sicheres Land" für alle Gläubigen und ein Ort des Gebets für Juden, Christen und Muslime werde. Er betete für einen "umfassenden und gerechten Frieden, so dass unser Volk und die Völker des Nahen Ostens die Früchte von Frieden, Stabilität und Zusammenleben ernten können".
Ja zur Begegnung, Nein zur Auseinandersetzung
"Um Frieden zu schaffen, braucht es Mut, sehr viel mehr, als um Krieg zu führen", schrieb der Pontifex seinen Gästen ins Stammbuch. "Es braucht Mut, um Ja zu sagen zur Begegnung und Nein zur Auseinandersetzung", mahnte Franziskus. "Ja zum Dialog und Nein zur Gewalt; Ja zur Verhandlung und Nein zu Feindseligkeiten; Ja zur Einhaltung der Abmachungen und Nein zu Provokationen; Ja zur Aufrichtigkeit und Nein zur Doppelzüngigkeit" Für alle dies würden "Mut und eine große Seelenstärke" gebraucht.
Peres entgegnete in seinem Gebet, dass sich auch Israelis und Palästinenser "nach Frieden sehnen". "Wir alle brauchen den Frieden, einen Frieden zwischen Gleichberechtigten", sagte er. Allerdings müssten sich beide Seiten "mit aller Macht" darum bemühen, den Frieden bald zu erreichen. "Auch wenn dazu Opfer und Kompromisse nötig werden."
Der Garten als friedlicher "Verhandlungsort"
Nach dem öffentlichen Gebet für den Frieden pflanzte der Papst mit seinen Gästen einen Olivenbaum, ehe er sich mit Abbas und Peres zu einer privaten Unterredung zurückzog. Die Kirche hatte das Treffen bewusst in die Gärten verlegt, um eventuellem Streit mit Muslimen und Juden um christliche Heiligenbilder in den Gebäuden des Vatikans aus dem Weg zu gehen.
Stunden vor dem Treffen hatte sich Papst Franziskus am Sonntag an die Gläubigen auf dem Petersplatz gewandt. Er wolle "von Gott das Geschenk des Friedens im Heiligen Land, im Nahen Osten und der ganzen Welt erbitten", sagte der Pontifex. Über Twitter erklärte der Papst: "Das Gebet ist allmächtig. Lasst es uns nutzen, um dem Nahen Osten und der ganzen Welt Frieden zu bringen."
Der Traum vom Frieden
Derweil lobte Abbas die Initiative von Franziskus, der vor zwei Wochen bei seinem Nahost-Besuch zu dem Gebet eingeladen hatte. "Die Einladung des Heiligen Vaters war mutig", sagte er in einem Interview der Zeitung "La Repubblica", das am Sonntag erschien. Mit den Gebeten würde den Anhängern von Judentum, Christentum und Islam sowie anderen Religionen signalisiert, dass der Traum vom Frieden nicht sterben dürfe, sagte Abbas. Der Vatikan hatte die politische Bedeutung des Ereignisses noch am Freitag heruntergespielt. "Niemand macht sich Illusionen, dass nach diesem Event der Frieden im Heiligen Land ausbricht", hieß es in einer Stellungnahme.
Peres hat kaum Einfluss auf Regierungspolitik
Ebenso wie Franziskus treten Abbas und Peres für eine Zwei- Staaten-Lösung ein, um den seit Jahrzehnten währenden Nahostkonflikt zu befrieden. Allerdings hat Peres, dessen Amtszeit in wenigen Wochen endet, kaum Einfluss auf die Regierungspolitik in Israel, die auf den Bau immer neuer Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten setzt. Peres' Amtszeit als israelischer Präsident endet im kommenden Monat.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vertritt im Verhältnis zu den Palästinensern einen wesentlich härteren Kurs als der Friedensnobelpreisträger. Er erkennt die vergangene Woche von Abbas vereidigte neue palästinensische Regierung unter Beteiligung der islamistischen Hamas nicht an. Die Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah hatten zudem vor wenigen Tagen eine Einheitsregierung gebildet und damit ihren zwischenzeitlichen Bruch vor sieben Jahren überwunden.