Das Gebetsanliegen des Papstes für den Juni

"Der Sport ist die Schule des Friedens"

Franziskus, bekennender Fußballfan, verkündet in seiner Videobotschaft nach Brasilien: "Der Sport ist die Schule des Friedens". Der Glaube kann also vom Fußball lernen. Prälat Bertram Meier erklärt das Gebetsanliegen des Papstes für Juni.

Deutsche Fußballfans feiern den 4:0-Sieg über Portugal (dpa)
Deutsche Fußballfans feiern den 4:0-Sieg über Portugal / ( dpa )

Heute habe ich eine gute Nachricht, aber auch eine schlechte. Zunächst die gute: Religion ist nicht "out". Sie ist "in", hat Hochkonjunktur. Ob jung oder alt, ob arm oder reich, schlau oder weniger klug, die einen enthusiastisch mitten im Trubel, die anderen eher stille Genießer bei einem Glas Bier oder einem Schoppen Wein - die Religion zieht alle mit. Kaum jemand schläft ein, jeder ist dabei. Herzen schlagen höher, Köpfe reden sich heiß.

Es bleibt kein Geheimnis, an wen ich glaube. Religion ist plötzlich keine Privatsache mehr; selbst die Autos zeigen Flagge für die Religion: wirklich eine gute Nachricht. Doch daneben steht die schlechte: Die Religion, von der ich rede, ist nicht der christliche Glaube. Der Gott, der in diesen Wochen angebetet und verherrlicht wird, ist nicht unser Gott. Aus "König Fußball" ist der Fußballgott geworden, aus dem "Couch-Sport" die "Couch-Religion".

Franziskus, der Fußballfan

Die Stadien heißen jetzt Arenen, wie das Kolosseum, das den Menschen einst Brot und Spiele bieten sollte. Doch aus der Arena ist längst ein sakraler Raum geworden: "Tempel" wäre wohl die passendere Bezeichnung. Heiligtümer für den Fußball in Ländern wie Brasilien, wo die soziale Schere immer mehr auseinanderklafft, was den Frieden gefährdet.

Papst Franziskus ist bekennender Fußballfan. Mit großer Freude hat er sich vor der WM an alle "lieben Fußballfans" gewandt: "Der Sport ist die Schule des Friedens, er bringt uns bei, am Frieden zu bauen." In seiner Videobotschaft nach Brasilien verweist er auf Werte wie Loyalität, Durchhaltevermögen, Teamgeist und Freundschaft. Vom Fußball könne man die Notwendigkeit des Trainings, das Fair-Play und den Respekt vor den Gegnern lernen: "Der Sportsgeist erinnert uns daran, dass Opfer nötig sind, um in den Tugenden zu wachsen, die für den Charakter eines Menschen wichtig sind."

Christentum - Religion für Verlierer?

Ohne Zweifel hat der Sport auch einen "Wellness-Effekt". Er ist eine Art "Opium für das Volk". Jedenfalls fasziniert es, wenn Sportler ihre Kräfte messen und Sieger sich feiern lassen. Die Welt des Leistungssports ist auch Business und Show, doch geblieben ist die Sehnsucht der Sportler, Erste zu sein. Ein zeitloses Ziel mit zeitloser Magie.

Das Christentum scheint von dieser Magie auf den ersten Blick nicht allzu angetan zu sein. "Die Letzten werden die Ersten sein, die Ersten die Letzten", heißt es im Matthäus-Evangelium. Es scheint fast, als sei das Christentum eher die Religion der Verlierer als der Gewinner.

"Lauft so, dass ihr gewinnt"

Zumindest bei ihrem rastlosesten Schriftsteller, dem reisewütigen Apostel Paulus, findet sich dazu eine gegenläufige Spur. Der Missionar schreibt an die Gemeinde von Korinth: "Wisst ihr nicht, dass die Läufer im Stadion zwar alle laufen, dass aber nur einer den Preis gewinnt? Lauft so, dass ihr ihn gewinnt".

Das ist eine Aufforderung, ein unmissverständliches Bild, das Paulus im Jahr 51 oder 52 nach Christus den Korinthern ins Stammbuch malt. Alle zwei Jahre war Korinth Austragungsort der Isthmischen Spiele: ein sportliches Event, vergleichbar mit den schon damals bekannten Olympischen Spielen. Der gewiefte Missionar hatte sein Predigthandwerk gut gelernt: Inkulturation heißt das Rezept, so mit den sportbegeisterten Griechen reden, dass sie ihn verstehen.

Die Christen sollen nicht nur laufen, sie sollen sogar gewinnen. So stellt sich der Apostel die Mannschaft derer vor, die Jesus nachfolgen. Wie geht das? Er selbst sei dafür das beste Beispiel. Er laufe mit einem Ziel vor Augen und kämpfe mit der Faust, aber "nicht wie einer, der in die Luft schlägt". Ziel- und treffsicher, so läuft und kämpft ein Christ. Im Hebräerbrief heißt es: "Lasst uns mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen ist, und dabei auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens".

Der berühmteste Ringkampf der Bibel

Die Bibel enthält noch andere Stellen, die vom Glauben als einem Ringen und Kämpfen sprechen. Den berühmtesten Ringkampf mit dem prominentesten Gegner überhaupt steht Jakob durch. Eine ganze Nacht hindurch ringt er mit einem ihm unbekannten Mann. Das dürfte kein neckisches Spiel gewesen sein, denn Jakob renkt sich dabei eine Hüfte aus, und selbst am Morgen ist dieser Kampf noch nicht beendet. Jakob sagt: "Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest." Und Gott gibt ihm dafür einen neuen Namen: "Israel", den Gottesstreiter, denn "mit Gott und Menschen hast du gestritten und hast gewonnen".

Und Jakob gehen die Augen auf: "Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und bin doch mit dem Leben davongekommen."

Nachfolge ist kein Ringelreihen

Der Glaube besitzt also ein sehr sportliches, ja wettkämpferisches Moment. Es gibt Situationen, in denen man laufen muss, und solche, in denen man - auch auf die Gefahr hin, dabei verletzt zu werden - ringen muss. "Das Ziel vor mir jage ich nach dem Siegespreis der himmlischen Berufung, die Gott uns in Christus Jesus schenkt", heißt es mit Philipperbrief. "Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten", berichtet der 2. Timotheusbrief.

Nachfolge ist kein Ringelreihen. Das will Paulus mit seinem Bild vom Wettkampf den jungen Gemeinden erklären. Sie verlangt hartes Training, Disziplin, Mannschaftsgeist und schließlich den Glauben daran, dass wir einen Siegespreis erhalten: die Erlösung, das Ewige Leben, die Erfüllung in Christus.


Franziskus (dpa)
Franziskus / ( dpa )
Quelle:
KNA