Der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper hat das jüngste Dokument der Evangelischen Kirche Deutschlands zum Reformationsjubiläum als "dogmatische Geschichtsdeutung" kritisiert.
Diesem Vorwurf namhafter evangelischer Reformationshistoriker könne man "aus katholischer Sicht nur zustimmen", zitiert Radio Vatikan am Dienstag aus einem Schreiben des ehemaligen vatikanischen Ökumeneministers an den päpstlichen Sender.
Er sei "enttäuscht" darüber, dass die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" von 1999 in dem EKD-Papier "mit keinem Wort auch nur erwähnt" werde, so der Kardinal. Dies sei nicht nur eine "Absage an den katholischen Partner", sondern ebenso an den Lutherischen Weltbund, dessen unterzeichnender Präsident damals zudem noch ein deutscher Landesbischof gewesen sei. Kasper verwies darauf, dass der Lutherische Weltbund die Erklärung in einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem vatikanischen Einheitsrat zum Reformationsjubiläum im vergangenen Jahr "nochmals ausführlich positiv gewürdigt" habe.
Eigenbrötelei überwinden
Der Kardinal forderte eine Überwindung von "nationalkirchlicher konfessionalistischer Eigenbrötelei". Es gelte, zusammen "der im Guten wie im Schlechten gemeinsamen Geschichte der letzten 500 Jahre nachzugehen, um uns gemeinsam den gemeinsamen heutigen Herausforderungen zu stellen."
Die EKD hatte Mitte Mai ein Grundlagenpapier mit dem Titel "Rechtfertigung und Freiheit" zum Reformationsjubiläum 2017 veröffentlicht. Erarbeitet wurde es von einer Kommission des Rates der EKD unter Leitung des Berliner Kirchenhistorikers Christoph Markschies.
Die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" gilt als Meilenstein im ökumenischen Dialog zwischen Katholiken und Protestanten. Das Dokument wurde am 31. Oktober 1999 vom Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Edward Idris Cassidy, und dem Präsidenten des Lutherischen Weltbundes sowie Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig, Christian Krause, in Augsburg unterzeichnet.