Zehntausende unbegleitete minderjährige Flüchtlinge fliehen in die USA

Humanitärer Notfall an der Grenze

Politiker, Kirchen und Menschenrechtsorganisationen sprechen schon von einer humanitären Krise an der Grenze zwischen den USA und Mexiko: Tag für Tag kommen zahlreiche Kinder ohne Eltern und ohne Papiere in die USA.

Autor/in:
Konrad Ege
Grenzzaun zu den USA (dpa)
Grenzzaun zu den USA / ( dpa )

Der US-Grenzschutz hat nach eigenen Angaben seit Oktober 2013 mehr als 50.000 Minderjährige aufgegriffen. Tausende Kinder und Teenager aus Mexiko, Guatemala, Honduras und El Salvador sind gegenwärtig bei der US-Grenzpolizei und in Lagern auf Militärstützpunkten in Texas, Oklahoma und Kalifornien eingesperrt.

Die Kinder und Teenager fliehen vor Armut und eskalierender Gewalt, aus Angst vor mächtigen Drogenkartellen und kriminellen Banden. Manche hoffen, bei Angehörigen in den USA unterzukommen. Der Lutherische Einwanderungs- und Flüchtlingsdienst LIRS beklagte einen "astronomischen Anstieg" minderjähriger Flüchtlinge in den USA.

"Anhaltende, weit verbreitete Gewalt" sei der Hauptgrund für die Migration der jungen Menschen, sagte der katholische Bischof aus der Grenzstadt El Paso, Mark Seitz, bei einer Kongressanhörung und berichtete dabei von der 16-jährigen Marta aus El Salvador. Sie habe sich aus Angst vor der Mara-Salvatrucha-Bande auf den gefährlichen Weg in die USA gemacht. Ein Freund sei von Bandenmitglieder erschossen, Martas Mutter habe ihre Tochter "in die USA geschickt, um ihr Leben zu retten".

Schleuser sollen härter bestraft werden

Doch viele US-Amerikaner sind skeptisch. Illegale Einwanderung ist seit Jahren ein heiß diskutiertes Thema. Erst kürzlich haben Einwanderungsgegner unweit von San Diego in Kalifornien Bussen mit an der Grenze festgenommenen Kindern und Erwachsenen den Weg versperrt. Eine Protestierende sagte im Fernsehen, Amerika solle "wieder Amerika sein" und nicht so viele Latinos aufnehmen.

US-Präsident Barack Obama hat - wieder einmal - Maßnahmen angekündigt. So will er Schleuser härter bestrafen. "Aggressive Schritte" müssten gemacht werden zur Stärkung der Grenze, sagte er kürzlich. Außerdem will die Regierung die Minderjährigen schneller abschieben. Die Geschäftsführerin des Lutherischen Einwanderungs- und Flüchtlingsdienstes, Linda Hartke, kritisierte Obama dafür scharf. Die Kinder müssten besser geschützt werden, fordert sie.

Obama bemüht sich seit Jahren um eine Einwanderungsreform. Er scheiterte bisher am Widerstand republikanischer Politiker. Viele Republikaner fühlen sich durch die minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge in ihrer Ansicht bestärkt, dass die Grenzen dichtgemacht werden müssten. Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses John Boehner macht Obama verantwortlich für die Fluchtwelle. Der Präsident habe mit seinen Reformbemühungen bei den Minderjährigen "die falsche Hoffnung geweckt", sie dürften in den USA bleiben.


Quelle:
epd